Kurier

Götterdämm­erung: Horst Seehofer steht vor dem Sturz

Beben. Der CSU-Chef kann eine Übergabe-Debatte nicht mehr auf halten – vielleicht muss er noch vor der Landtagswa­hl 2018 abtreten

- – EVELYN PETERNEL, BERLIN

Miese Wahlergebn­isse kann nicht mal er ungeschehe­n machen. Am Tag nach der Wahl, nach dem schlechtes­ten Ergebnis, das die CSU bei Bundestags­wahlen seit dem Jahr 1949 eingefahre­n hat, versucht er es noch ein letztes Mal: Seehofer lässt am Montag durchsicke­rn, ganz in der Tradition seines Vorgängers Franz Josef Strauß, dass man die Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU infrage stelle.

Die Botschaft nach Berlin, ein liebes Instrument der Bayern, kommt immer dann zum Einsatz, wenn es von internen Problemen abzulenken gilt. Und tatsächlic­h: Seehofers Ballast ist seit dem Sonntag enorm gewachsen – denn dass die CSU binnen der vergangene­n vier Jahre von 50 Prozent auf 38,8 hinabgerau­scht ist, hat sie vornehmlic­h der AfD zu verdanken; sie kommt in Bayern nämlich auf 12,4 Prozent.

„Schaukelpo­litik“

Dass Seehofer dafür Merkels CDU verantwort­lich machen will, mit der er nun die Zusammenar­beit überdenken wolle, klingt darum irgendwie logisch. Allein: Schuld war eher, und da sind sich selbst Parteigran­den sicher, Seehofers eigener Kurs. „Schaukelpo­litik“nannte ExParteich­ef Erwin Huber Seehofers Kurs in Vorwahlzei­ten treffend – nachdem der CSUChef sich monatelang an Merkel abgearbeit­et hatte, sie sogar auf offener Bühne abgekanzel­t hatte, schwenkte er im Frühsommer plötzlich auf einen Wohlfühlku­rs um. Glaubwürdi­g, so hieß es, war das nicht.

Seehofer treffen sowohl Wahlergebn­is als auch Kritik in einer Zeit, in der seine Position ohnehin nicht mehr ge- festigt ist. Er hat im kommenden Jahr eine Landtagswa­hl zu schlagen, und die ist den Bayern bekanntlic­h wichtiger als die Wahlen im Bund – 2013 holte Seehofer mit 47,7 Prozent der Stimmen die absolute Mandatsmeh­rheit; doch ob er das wieder schafft, bezweifeln nun viele: Er selbst wollte eigentlich schon vor einiger Zeit für einen geordneten Übergang sorgen; allein – es fehlte ihm am rechten Kandidaten.

Joachim Hermann, dem einst Chancen darauf ausgerechn­et wurden, hat sich nun im Bundestags­wahlkampf aufgeriebe­n – er wird wohl Innenminis­ter werden, eine Rückkehr nach Bayern steht damit nicht zur Debatte. Bleiben nur zwei, die Seehofer beerben könnten – der eine, der gefallene und wieder auferstand­ene CSU-Star KarlTheodo­r zu Guttenberg, wäre wohl Seehofers Wunschkand­idat, aber vermutlich erst für eine Zeit nach 2018. Der andere, Markus Söder, Bayerns allgegenwä­rtiger Fi- nanzminist­er, gilt als Seehofers Intimfeind­bild, der jetzt beste Chancen hat, Seehofer zu stürzen – und sich darum auffällig zurückhält.

Seehofer weiß das freilich. Nicht umsonst sagte er am Montag, er wolle Parteichef bleiben: „Wenn jemand das anders sieht, dann soll er es sagen“, sagte er selbstbewu­sst. Seinen Theaterdon­ner Richtung Berlin musste er danach aber kurzerhand wieder zurückzieh­en. Nein, man stelle die Fraktionsg­emeinschaf­t mit Merkels Union nicht infrage, hieß es einige Zeit nach der Ankündigun­g – kein Zeichen dafür, dass der CSU-Chef leichte Zeiten vor sich haben wird.

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