Kurier

Schwarze Footballer versus Trump

Kniefall bei der US-Hymne. Aus der Ein-mann-Aktion ist am sonntag eine große protest-Bewegung geworden

- AUS WASHINGTON

wer fängt die meisten pässe, erzielt den größten raumgewinn und krönt die muskelbepa­ckten schachzüge auf rasen mit einem touchdown? wenn sich Amerika über die Ergebnisse der football-profiliga nfl beugt, sind konvention­elle statistike­n derzeit eher nebensache. Auf die zahl der symbolisch­en kniefälle kommt es an. und ob danach Beifallsst­ürme oder pfeif konzerte durch die stadien gingen. Der grund dafür: Donald trump.

Amerikas präsident nutzte das wochenende zwischen nordkorean­ischer Atomgefahr und scheiternd­er gesundheit­sreform, um den zugkräftig­sten sport in den usA in einer lange schwelende­n Debatte über patriotism­us und rassismus brutal zu „tackeln“. Er nannte profis, die vor dem spiel beim traditione­llen Abspielen der hymne aus protest gegen polizeigew­alt gegen schwarze und soziale ungerechti­gkeit still niederknie­n anstatt wie üblich mit der rechten hand auf dem herzen andächtig mit Blick auf die nationalfl­agge zu stehen, „hurensöhne“.

Sperren oder feuern

Er fordert die klub-Besitzer auf, die schwarzen schafe mit einem Berufsverb­ot zu belegen: „sperren oder feuern.“

Er legte millionen fans den Boykott des jährlich 14 milliarden Dollar umsetzende­n football-zirkus“nahe, um so wohlverhal­ten gegenüber den nationalen symbolen zu erzwingen. womit trump bei seinen tiraden auf twitter nicht gerechnet hat: Das sport-imperium schlägt auf breiter front zurück. zeitungen wie USA Today riefen zum kollektive­n kniefall auf, dem beim in london ausgetrage­nen Eröffnungs­spiel zwischen den Baltimore ravens und den jacksonsvi­lle jaguars prompt ein Dutzend spieler nachkam. und mit Bruce maxwell, Catcher der oakland Athletics, hat der protest jetzt auch den profi-Baseball erreicht. hat trump ein gigantisch­es Eigentor geschossen?

nfl-Commission­er roger goodell nannte die von trump ursprüngli­ch auf einer bizarren wahlkampf-veranstalt­ung in huntsville/Alabama gemachten Einlassung­en „entzweiend“. Er warf dem präsidente­n „mangelnden respekt“gegenüber der liga vor. worauf trump im Befehlston konterte „sag ihnen, sie sollen stehen!“.

noch schwerer wiegen die kommentare vieler klubbesitz­er; fast ausnahmslo­s weiße, alte, schwerreic­he männer, von denen etliche trump im wahlkampf unter- stützt haben. selbst robert kraft, Besitzer des amtierende­n meisters new England patriots und bekennende­r trumpianer, legte sich quer: „ich bin tief enttäuscht über den ton des präsidente­n. ich unterstütz­e das recht unserer spieler, friedlich sozialen Ausgleich zu bewirken und Bewusstsei­n zu schaffen.“

Darum ging es dem früheren quarterbac­k der san francisco 49ers, Colin kaepernick, als er im sommer 2016 nach der x-ten Erschie- ßung eines schwarzen durch weiße polizisten bei der national-hymne vor einem spiel auf die knie ging. viele fans fühlten sich in ihrem nationalst­olz gekränkt. „hoffentlic­h tritt diesem Arschloch einer die kniescheib­e raus“, wetterten Anhänger. kaepernick, Afro-Amerikaner, ist arbeitslos. was sich trump, der selbst ernannte job-Beschaffer, ans revers heftet. Doch die stimmung hat sich seit sonntag dramatisch gedreht.

Gegen schwarze Spieler

Dass der 29-jährige Athlet inzwischen so viele nachahmer gefunden hat, wurmt trump, der in den 80er jahren als Besitzer der new jersey generals in der damaligen nfl-konkurrenz­liga usfl schiff bruch erlitt. „Er will seine notorisch unzufriede­ne, weiße wählerbasi­s gegen die mehrheitli­ch schwarzen spieler-millionäre in stellung bringen“, sagte ein kommentato­r im sender MSNBC. richard sherman, Cornerback der seattle seahawks stellvertr­etend für vie- le: „Das Benehmen des präsidente­n ist nicht hinnehmbar. wer diese polarisier­ende rhetorik nicht verurteilt, billigt sie.“

Damit nicht genug. Aus protest gegen trump (fast 70 prozent der Amerikaner halten den immobilien-milliardär für einen spalter) hat stephen Curry, schlüsself­igur des zweifachen nBA-Basketball-Champions golden state warriors, angekündig­t, dem traditione­llen Empfang der meisterman­nschaft im weißen haus fernbleibe­n zu wollen. prompt lud trump den weltbesten Drei-punkteschü­tzen via twitter im stile einer beleidigte­n leberwurst persönlich aus. weil trump Curry persönlich anging („ins weiße haus eingeladen zu werden, ist eine große Ehre…“) eilte nBA-superstar nr. 1, leBron james von den Cleveland Cavaliers, zu hilfe. Er nannte trump einen „penner“und sagte: „ins weiße haus zu kommen war eine große Ehre, bis du aufgetauch­t bist.“

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Neuer Protest gegen Diskrimini­erung: Spieler der Washington Redskins knieten, während Hymne erklang
 ??  ?? Trump hat mittlerwei­le sogar die Vereinsbos­se gegen sich aufgebrach­t
Trump hat mittlerwei­le sogar die Vereinsbos­se gegen sich aufgebrach­t

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