„So revolutionär wie das Internet“
Blockchain. Österreich will ein Zentrum für die Technologie hinter der Digitalwährung Bitcoin werden
Die Blockchain-Technologie ist vor allem durch die Digitalwährung Bitcoin bekannt geworden. Das Prinzip ähnelt einem digitalen Grundbuch, in dem alle Transaktionen anonym aufgezeichnet werden. Kopien davon werden auf den Rechnern aller Nutzer gespeichert und können öffentlich eingesehen werden. Dadurch wird größtmögliche Transparenz und Manipulationssicherheit gewährleistet. Die Möglichkeiten der Technologie gehen aber weit über die Kryptowährung hinaus. „Mit der Blockchain ist ein großer Technologiesprung möglich“, sagt Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien. Anwendungen seien etwa in der Verwaltung ebenso denkbar wie im Energiehandel. Die Blockchain sei so revolutionär wie das Internet und werde ähnliche Umwälzungen mit sich bringen, ist Mahrer überzeugt: „Es braucht aber den Freiraum, um neue Anwendungen ausprobieren zu können.“
Unternehmensfinanzierung
Eine solche Anwendung sind Unternehmensfinanzierungen mit Kryptowährungen, sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs). Weltweit wurden auf diese Art heuer bereits mehr als zwei Milliarden Dollar investiert. In Österreich setzt das Wiener Start-up Herosphere, das Sportwetten zwischen Nutzern vereinfachen will, als erstes auf die innovative Finanzierungsmethode. Aktuell habe man rund 1,3 Millionen Euro an Finanzierungen sichergestellt, erzählt Herosphere-Gründer Paul Polterauer. Sie wurden dem Start-up weltweit von Investoren in der Bitcoin-Alternative Ether überwiesen.
Man könne mit der Blockchain nicht nur Beteiligungen abbilden, sondern auch Abstimmungen unter Anteilseignern durchführen und Nachrichten an Investoren schicken, sagt Paul Pöltner von der CrowdfundingPlattform Conda: „Vieles kann über die Technologie standardisiert werden.“Conda hat zur Unternehmensfinanzierung mit Kryptowährungen eine eigene Plattform geschaffen, die schon bald Start-ups zur Verfügung gestellt werden soll. „Die Blockchain ist der nächste logische Schritt, um Finanzierungen einfacher zu machen“, sagt der Conda-Vorstand.
Kompetenzzentrum
Auch startup300 setzt auf die Blockchain. In dem von dem Business-Angel-Netzwerk betriebenen Start-up-Campus factory 300 wird am Auf bau eines Blockchain-Kompetenzzentrums gearbeitet. „Wir wollen in Europa die erste Ansprechstelle werden, wenn es um die Blockchain geht“, sagt startup300-Vorstand Michael Eisler. Anfang Oktober findet in Linz eine Konferenz zur Blockchain und zu Initial Coin Offerings statt, bei der sich, wie Eisler sagt, das globale „Who’s who“der Kryptoszene treffen wird.
Offen ist die Regulierung der neuen Technologie. Dabei will man in Österreich experimentieren, kündigt Mahrer an. Sogenannte „regulatorische Sandkästen“sollen sicherstellen, dass innovativen Anwendungen der Technologie Spielraum gewährt wird: „Wir müssen mit Fingerspitzengefühl herangehen, um sicherzustellen, dass nichts abgewürgt wird.“
Gemeinsam mit der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien hat das Wirtschaftsministerium auch ein Forschungsprojekt zur Blockchain ins Leben gerufen, das mit 500.000 Euro unterstützt wird und das als Anlaufstelle für Forschungsaktivitäten rund um die Technologie fungieren soll. „Die Technologie ist transparent, bringt Transaktionsqualität und ist sicher und kostengünstig“, sagt Mahrer: „Das kommt der gesamten Wirtschaft zugute.“