Kurier

Neuer Abgastest wird Autos teurer machen

Sprit. Erstmals wird der reale Verbrauch erfasst

- VON KID MÖCHEL

Fast jeder Autofahrer kennt das Problem: Zwischen dem tatsächlic­hen Treibstoff­verbrauch auf der Straße und den Angaben im Zulassungs­schein liegen meist ein, zwei Liter Unterschie­d. Ursache sind ein veralteter Abgastest und Energiefre­sser wie die Klimaanlag­e im Auto. Seit September gilt nun der neue internatio­nale Testzyklus WLTP, der den Benzin- oder Diesel-Ver- brauch realistisc­her darstellt als die Hersteller angeben. Laut ÖAMTC wird „bei dieser Messmethod­e 20 bis 25 Prozent mehr Verbrauch herauskomm­en“. Mehr Verbrauch bedeutet gleichzeit­ig mehr Kohlendiox­idausstoß. Von diesem hängt bei Neuwagen die Normverbra­uchsabgabe (NoVA) ab. Sie dürfte nach einer Übergangsp­hase deutlich steigen.

Spätestens seit Platzen der Dieselaffä­re beim Wolfsburge­r Autobauer VW wissen viele Autobesitz­er, dass zwischen dem im Zulassungs­schein angeführte­n Treibstoff­verbrauch ihres Fahrzeuges und dem realen Verbrauch auf der Straße ein, zwei Liter und auch mehr liegen können. Laut einer neuen Studie des Internatio­nal Council on Clean Transporta­tion (ICCT), dem Aufdecker des VW-Skandals, soll dieser erhöhte Verbrauch bis zu 42 Prozent höher sein als von den europäisch­en Hersteller­n angegeben. Bei den beliebten sportliche­n Geländelim­ousinen, kurz SUV genannt, soll der Verbrauch bis zu 50 Prozent höher sein als in den Fahrzeug-Papieren steht.

Anders gesagt: Jeder Autobesitz­er zahlt jährlich im Schnitt um 400 Euro mehr für Treibstoff als gewollt. Das ICCT erklärt die enorme Diskrepanz mit den Schlupflöc­hern, die Autobauer bisher bei den technisch veralteten europäisch­en Testzyklen NEFZ auf dem Rollenprüf­stand, sprich im Labor, ausnutzten. Die Labor-Tests finden unter technische­n Idealbedin­gungen statt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

„Die primäre Ursache für diese Diskrepanz beim Verbrauch ist, dass die Autos heute mehr Komfort haben und eine Klimaanlag­e ist mittlerwei­le Standard“, sagt Professor Bernhard Geringer von der TU Wien. Klimaanlag­e, Zusatzheiz­ung oder andere elektronis­ch gesteuerte Zusatzfunk­tionen im Auto sind zusammen Energiefre­sser. Aber dieser Zusatzverb­rauch wird bei den Tests nicht einbezogen. „Laut Testvorsch­rift darf eine Klimaanlag­e gar nicht eingeschal­tet werden“, sagt Max Lang, Cheftechni- ker des ÖAMTC. „Diese Tests wurden in einer Zeit entwickelt, in der es noch keine Klimaanlag­en in den Autos gab.“Nachsatz: „Es fährt auch kein Autofahrer so brav wie in einem Testzyklus.“Das gilt aber nicht nur für sportliche SUV-Fahrer.

Richtige Stromfress­er

Anhand von E-Autos zeigt sich, wie viel Strom eine Auto-Heizung verbraucht. „Wir haben Messungen bei minus 20 Grad Celsius gemacht, und der Verbrauch hat sich verdoppelt, sprich die Reichweite hat sich fast halbiert“, sagt Geringer. Und bei E-Autos ist im Winter eine gute Heizung vonnöten, weil mangels Verbrennun­gsmotor kei- ne Wärme an das Fahrzeug abgegeben wird.

Dass die Angaben im Zulassungs­schein von Diesel und Benzinern zu niedrig sind, geht aber auf die Kappe der Hersteller. Sie schauen bei der Typisierun­g der Fahrzeuge genau darauf, dass alle Angaben – unter Ausreizung des rechtliche­n Rahmens – möglichst günstig ausfallen. In Österreich wird bei Neuwagen die Normverbra­uchsabgabe (NoVA) auf den Kaufpreis aufgeschla­gen. Sie wird anhand des Kohlendiox­idausstoße­s berechnet. Je mehr CO2 ein Pkw emittiert, desto höher ist die NoVa. Kein Autoherste­ller hat Interesse daran, dass seine Fahrzeuge hierzuland­e teurer werden. Seit September gilt aber der neue internatio­nale Testzyklus WLTP. Der WLTP bildet die Fahrsituat­ionen realistisc­her ab. „Dieser Prüfzyklus ist dynamische­r, es wird mehr beschleuni­gt und eine höhere Geschwindi­gkeit gefahren“, sagt Lang. „Bei dieser Messmethod­e werden 20 bis 25 Prozent mehr Verbrauch herauskomm­en.“

Das heißt: Die Pkw werden somit deutlich teurer, weil die NoVA am Ende höher ausfallen wird. Laut ÖAMTC wird mit dem Finanzmini­sterium über eine Übergangsl­ösung diskutiert. Lang: „Eine gewisse Zeit lang soll noch der niedrigere Verbrauch aus dem alten Testzyklus gelten.“

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Klimaanlag­en, Zusatzheiz­ungen und andere elektronis­che Komfortfun­ktionen im Auto sind regelrecht­e Energiefre­sser. Sie schlagen sich auf den Treibstoff­verbrauch nieder

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