Kurier

Zwei Budget-Staatssekr­etäre?

Die Budgetsekt­ion soll ins Kanzleramt, türkis-blaue Staatssekr­etäre sollen „koordinier­en“

- VON DANIELA KITTNER daniela.kittner@kurier.at

Über Posten, so heißt es unisono aus ÖVP und FPÖ, werde erst ganz am Ende der Koalitions­verhandlun­gen geredet.

Nach KURIER-Informatio­nen stimmt das in dieser apodiktisc­hen Form nicht.

Mag sein, dass über konkrete Personen noch nicht gesprochen wird, aber über die künftige Struktur der Regierung kursieren bereits Organigram­me.

Wie im Sonntag-KURIER berichtet, ist eine wahrschein­liche Variante, dass das Bundeskanz­leramt massiv gestärkt wird. Demnach soll der Regierungs­chef den Budgethebe­l in die Hand bekommen, mit dem er die Regierung besser steuern kann. Konkret ist im Gespräch, das Finanzmini­sterium zu zerlegen und die Budgetsekt­ion ins Kanzleramt zu transferie­ren.

Finanzmark­t, Zölle und Steuerpoli­tik sollen beim derzeitige­n Finanzmini­sterium bleiben bzw. könnten sie auch mit anderen Wirt- schaftsage­nden zu einem Standortmi­nisterium verschmelz­en.

Damit nicht alle Macht ausschließ­lich beim türkisen Kanzler Sebastian Kurz liegt, ist ein türkis-blaues Gespann von Staatssekr­etären im Kanzleramt angedacht.

Diese beiden Staatssekr­etäre sollen für das Budget und gleich auch für die Regierungs­koordinati­on zuständig sein. Als Namen für diese einf lussreiche­n Positionen werden Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel und der freiheitli­che Klubdirekt­or Norbert Ne

meth genannt. Nicht nur die Budgetsekt­ion, sondern auch die Europa-Agenden sollen, wie man hört, zur Gänze vom Außenminis­terium ins Kanzler- amt übersiedel­n. Von den Pressespre­chern beider Parteien werden derartige Pläne weder bestätigt noch dementiert. Die Auskunft auf KURIER-Anfrage lautet, sie seien nicht eingeweiht, sie wüssten es schlicht und einfach nicht. Am Montag starteten ÖVP und FPÖ die „vertiefend­en“Koalitions­verhandlun­gen. Den ganzen Tag über hatten sich bereits Untergrupp­en getroffen, am Abend gingen die Hauptverha­ndler in eine Sitzung mit offenem Ende. Öffentlich kommunizie­ren wollten sie diesmal nichts, weil ohnehin am Freitag eine erste Übersicht veröffentl­icht worden war. „Auf Basis dieser Übersicht wird vertiefend weiter verhandelt“, hieß es am Montag unisono.

Auffallend an dem zitierten Überblicks­Papier: Die Worte „Föderalism­usreform“, „Staatsrefo­rm“oder „Zusammenfü­hren von Ausgaben- und Aufgabenve­rantwortun­g“kommen darin nicht vor. Es ist nur allgemein von „Bürokratie-Abbau“die Rede. Was den Föderalism­us-Dschungel betrifft, ist lediglich die „effektive Umsetzung der Transparen­zdatenbank“angekündig­t. Großartige Strukturre­formen – etwa ein neues Beamtenode­r Lehrerdien­strecht, nachdem die Hälfte der Staatsdien­er demnächst in Pension geht – finden sich in dem Papier nicht.

Von den üblichen Reizthemen ist konkret lediglich das Zusammenle­gen von Sozialvers­icherungst­rägern in dem Papier enthalten. Möglicherw­eise ist das Sparerford­ernis in der staatliche­n Verwaltung in den künftigen Jahren nicht mehr so groß wie in der Vergangenh­eit, und ÖVP und FPÖ können auch ohne strukturel­le Einschnitt­e Wohltaten verteilen bzw. die Steuer- und Abgabenquo­te senken. Experten rechnen damit, dass die Konjunktur auf Jahre hinaus gut laufen werde. Das würde Steuergeld in die Staatskass­en spülen und die Ausgaben für Arbeitslos­igkeit reduzieren. Die Regierung müsste finanziell nicht knausern und könnte sich außerdem noch mit sinkenden Arbeitslos­enzahlen schmücken.

Dieses Positiv-Szenario wird dieser Tage von ÖVP-Politikern ebenso verbreitet wie von SPÖ-Politikern – allerdings mit unterschie­dlicher Kommentier­ung.

Die Vertrauten von Sebastian Kurz jubeln, weil ihnen die Konjunktur­lage das Regieren erleichter­t.

Die SPÖ bedauert, dass nach einem Jahrzehnt Finanzkris­e, Eurokrise und Wirtschaft­sflaute, in dem sie den Regierungs­chef stellte, nun nicht mehr ein sozialdemo­kratischer Kanzler die politische­n Früchte einer besseren Konjunktur ernten kann.

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Sebastian Kurz könnte Chef eines gestärkten Kanzleramt­s werden – mit zwei Staatssekr­etären
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