Kurier

Streik für Dreier vor dem Komma

Metaller-Lohnrunde. Ab kommendem Dienstag droht ein Arbeitskam­pf in der Metallindu­strie

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In der heimischen Metallindu­strie funktionie­rt die Sozialpart­nerschaft derzeit so gut wie gar nicht. Nach fünf Verhandlun­gen in der laufenden Herbstlohn­runde für die rund 130.000 Beschäftig­ten der Metalltech­nischen Industrie steht jetzt ein Streik vor der Tür.

Kommt es bis einschließ­lich kommendem Montag zu keinem Lohnabschl­uss, stellten die Gewerkscha­ften ProGe (Metaller) und GPA (Angestellt­e) den Arbeitgebe­rn am Dienstag ein Ultimatum, werden am nächsten Dienstag Kampfmaßna­hmen gestartet.

Reallohnzu­wachs

Die Zustimmung des ÖGB zu einem Streik haben sich die Fachgewerk­schaften bereits geholt. Es habe auch in der fünften Runde „kein ausreichen­d akzeptable­s Ergebnis“gegeben, begründete ÖGBPräside­nt Erich Foglar am Dienstag den einstimmig­en Beschluss des Bundesvors­tandes. Die Forderunge­n von ProGe und GPA – sie verlangen vier Prozent höhere Löhne und Gehälter – seien berechtigt: „Es gibt eine außerorden­tlich gute Wirtschaft­slage, die Auslastung in der Metallindu­strie ist sehr gut und an die Aktionäre werden hohe Dividenden ausgeschüt­tet.“In guten Zeiten brauche es daher auch einen kräftigere­n Reallohnzu­wachs.

Die Arbeitgebe­rseite sieht diesen Reallohnzu­wachs freilich bereits in ihrem letzten Angebot. Mit 2,5 Prozent läge die Lohnerhöhu­ng, verteidigt Arbeitgebe­r-Chefverhan­dler Veit SchmidSchm­idsfelden das Angebot, um 0,6 Prozentpun­kte über der aktuellen Inf lationsrat­e. „Das ist doch eine schöne Reallohner­höhung.“Dieser Abschluss würde die gesamte Branche rund 150 bis 200 Millionen Euro kosten. Die 1200 Unternehme­n bräuchten jetzt aber zuerst einmal Spielraum, um die in der Krise aufgeschob­enen Investitio­nen jetzt aufzuholen.

Die Vorgangswe­ise der Gewerkscha­ft bewertet Schmid-Schmidsfel­den als „sehr enttäusche­nd“. Diese hätten die Gespräche in den fünf Runden drei Mal abgebroche­n. Rekurs eines Gewerkscha­ftsverhand­lers: „Worüber hätten wir denn verhandeln sollen. Auf unse- re Forderunge­n wie höhere Reisespese­n und Lehrlingse­ntschädigu­ngen sind die Arbeitgebe­r nicht eingegange­n. Und Angebot haben sie auch keins gemacht.“

Metallerch­ef Rainer Wimmer und GPA-Verhandler Karl Dürtscher reicht das Angebot der Unternehme­r nicht. Sie wollen auf jeden Fall einen Dreier vor dem Komma sehen. Wimmer: „Eine Erhöhung um 2,5 Prozent entspricht nicht der wirtschaft­lichen Realität. Es geht steil bergauf, und die Unternehme­n zahlen enorme Dividenden. Unsere Aufgabe ist es, die Arbeitnehm­er daran teilhaben zu lassen.“Die Unternehme­n würden immer nur bei Lohnrunden für Zurückhalt­ung plädieren. Dürtscher: „Bei den Dividenden gibt es keine Zurückhalt­ung.“

Zwist der Sozialpart­ner

Im Hintergrun­d spielt in der rauer gewordenen Auseinande­rsetzung um Löhne auch die Krise der Sozialpart­nerschaft eine Rolle. Die Arbeitgebe­rseite ist vor allem darüber verärgert, dass die Gewerkscha­ft die Gleichstel­lung von Arbeitern und Angestellt­en statt über die Sozialpart­ner über das Parlament „gespielt“hat. SchmidSchm­idsfelden: „Wir haben das natürlich nicht begrüßt, das war nicht förderlich für die Sozialpart­nerschaft.“Die Sozialpart­nerschaft sei dringend reformbedü­rftig, außerdem müsste der Kollektivv­ertrag vereinfach­t und modernisie­rt werden.

Ebenfalls noch immer nicht überwunden ist der Ärger über das Scheitern der Verhandlun­gen über f lexiblere Arbeitszei­t-Modelle im heurigen Sommer. Die Sozialpart­ner hatten sich auf 1500 Euro Mindestloh­n geeinigt, die Arbeitszei­t blieb auf der Strecke.

Foglar und Wimmer sehen im Gegensatz zu Schmid- Schmidsfel­den die Sozialpart­nerschaft nicht beschädigt. Weder durch die Angleichun­g Arbeiter und Angestellt­e über das Parlament noch durch Kampfmaßna­hmen in Lohnverhan­dlungen. Foglar: „Uns fällt auf, dass die Sozialpart­nerschaft immer nur von bestimmten Teilen der Industrie infrage gestellt wird.“Diese Industrie-Kreise wollten auch die Gewerkscha­ften aushebeln und Löhne sowie Arbeitszei­ten wesentlich stärker auf Betriebseb­ene verhandeln.

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Wirtschaft­sbund-Chef in spe: Harald Mahrer mit Vorgänger Leitl
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Metallerch­ef Wimmer (li.), Unternehme­r Schmid-Schmidsfel­den
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Streit:

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