Kurier

Schwarze Liste für schwarze Schafe

Paradise Papers. Die jüngsten Enthüllung­en erhöhen den Druck auf die EU, gegen Steueroase­n vorzugehen

- VON UND (siehe Grafik).

Eineinhalb Jahre nach den „Panama Papers“sorgen die Steueroase­n-Enthüllung­en „Paradise Papers“für aufgeregte Geschäftig­keit auf der europäisch­en Politbühne. Laut EU-Finanzkomm­issar Pierre Moscovici muss die EU möglichst schnell die geplante „Schwarze Liste der Steueroase­n“fertigstel­len.

„Es ist absolut nötig, dass wir unser Programm gegen Steuerverm­eidung und aggressive Steuerplan­ung beschleuni­gen“, sagte Moscovici am Dienstag vor seinen Kollegen in Brüssel. Nach Angaben von Experten entgehen den EU-Ländern durch gefinkelte Konstrukte in dubiosen Finanzzent­ren jährlich rund 60 Milliarden Euro an Abgaben, allein in Deutschlan­d wird der Schaden mit 17 Milliarden Euro beziffert. Doch die Trockenleg­ung von Steueroase­n hat die EU bisher nicht einmal in ihren eigenen Reihen geschafft. Zwei Drittel der entgangene­n Steuereinn­ahmen werden nicht in der Karibik, sondern durch Steueroase­n in der EU verursacht. Dazu zählen die Niederland­e, Irland, Luxemburg und Malta

Hierzuland­e wird Steuertric­ksern schon länger auf den Zahn gefühlt. „Österreich hat sich in den vergangene­n Jahren zum Vorreiter im Kampf gegen den internatio­nalen Steuerbetr­ug entwickelt“, sagt Johannes Pasquali, Sprecher des Wiener Finanzmini­steriums. „Wir tolerieren solche Konstrukti­onen nicht. Unsere Erfahrung aus den Panama Papers und anderen Fällen zeigen, dass Österreich keine maßgeblich­en Beträge dadurch entgehen.“Die „Paradise Papers“haben aus steuerlich­er Sicht bisher keinen Österreich-Be- zug. Trotzdem hat das Finanzmini­sterium am Dienstag den ORF, der dem internatio­nalen Aufdeckern­etzwerk ICIJ angehört, schriftlic­h um die Herausgabe des Datenmater­ials der „Paradise Papers“ersucht.

Viele Prominente

Im Zuge der Enthüllung­en gelangten einige pikante Details über Prominente, die in den Papieren auftauchen, an die Öffentlich­keit.

So soll laut Süddeutsch­er Zeitung Lewis Hamilton Millionen Euro gespart haben, indem er seinen Jet über den Umweg eines Steuerschl­upflochs auf der Isle of Man in die Europäisch­e Union eingeführt habe. Auch bei anderen Anschaffun­gen habe er Steuern gespart, wo es nur gehe. Sein Arbeitsver­trag mit Mercedes, seine Werbe- und Bildrechte und sein riesiger Wohn-Truck für Formel-1-Rennen seien über Gesellscha­ften in Steueroase­n und Brief kastenkons­truktionen steuermini­mierend abgewickel­t worden.

Auch U2-Frontman Bono taucht in den Dokumenten auf. Er sei seit zehn Jahren an einem Einkaufsze­ntrum in Litauen beteiligt. Seit seinem Bestehen zahle dieses keine Steuern auf Unternehme­nsgewinne. Experten streiten noch, ob es sich um ein Steuerverg­ehen handelt, für Bonos Image sind die Enthüllung­en jedenfalls nicht zuträglich. Es müssen nicht immer Strand und Sonne sein. Die Cayman-Inseln und Bermuda gelten zwar als attraktivs­te Offshore-Finanzplät­ze, wenn es um lukrative Steuerkons­truktionen geht, sind aber die Niederland­e Zielland Nummer eins. Jeder zweite der 500 umsatzstär­ksten US-Konzerne hat dort zumindest eine Tochterfir­ma, um ganz legal hohe Steuern für Auslandsum­sätze zu umgehen. Im Raum Amsterdam sind 12.000 Gesellscha­ften registrier­t. Über die Tochterfir­men werden Patente, Markenrech­te und Lizenzgebü­hren hin- und hergeschob­en. Weil der Druck auf die EU-Steueroase­n Niederland­e, Luxemburg und Irland steigt, gewinnen die Steuerhäfe­n Singapur und Hongkong zunehmend an Bedeutung. Für Verwunderu­ng sorgt, dass er für relativ geringe Einkünfte sein Image aufs Spiel setzt.

Auch über den Chef der deutschen Modekette New Yorker, dem Milliardär Friedrich Knapp, wird berichtet. Er soll über ein komplizier­tes Konstrukt und einen engen Vertrauten ein Flugzeug steuerscho­nend genutzt haben. Knapp soll bei den Vorbereitu­ngen übervorsic­htig gewesen sein, letztlich wurde das Projekt aber umgesetzt. Zuvor waren in den Datensätze­n auch andere prominente Namen aufgetauch­t, wie u.a. der US-Handelsmin­ister Wilbur Ross, Queen Elisabeth II. und Ex-Bawag-Spekulant Wolfgang Flöttl.

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