Kurier

Was hinter dem 50-Prozent-Anstieg der Ölpreise seit Sommer steckt

Börsenplän­e und Konflikte. Saudis wollen für Privatisie­rung ihrer Ölgesellsc­haft hohen Erlös. Politische Unsicherhe­iten im Nahen Osten als Treiber

- – IRMGARD KISCHKO

Noch vor wenigen Monaten hätte das kaum ein EnergieExp­erte erwartet: Der Ölpreis, der sich seit dem steilen Absturz Mitte 2014 nur wenig nach oben bewegt hatte, ist deutlich gestiegen. Seit Sommer legte er um gut 50 Prozent zu und überschrit­t kürzlich sogar die 60-DollarMark­e pro Fass ( je 159 Liter).

Verschätzt haben sich die Analysten an drei Fronten. Erstens haben die US-Schieferöl­produzente­n ihre Ölförderun­g bei Weitem nicht so stark angehoben wie prognostiz­iert. „Offenbar brauchen sie für neue Investitio­nen in Produktion­sanlagen einen noch höheren Ölpreis“, sagt Öl-Analyst Han- nes Loacker von Raiffeisen Capital Management (RCM). Und zweitens ist die Nachfrage robuster als erwartet. Das habe mit dem starken globalen Wirtschaft­swachstum zu tun, das die Ölnachfrag­e insbesonde­re in den USA und den Schwellenl­ändern antreibe.

Drittens – und das ist wirklich überrasche­nd – halten sich die Ölförderlä­nder der OPEC und auch der ölfördernd­en Nicht-Mitgliedss­taaten vergleichs­weise strikt an die seit Jahresbegi­nn geltende Förderbesc­hränkung. „Die vereinbart­e Limitierun­g der Ölprodukti­on wird zu 80 bis 85 Prozent eingehalte­n. Das gab es historisch fast nie“, betont Loacker. An dieser neuen Förderdisz­iplin hat Saudi-Arabien als weltgrößte­r Ölförderer einen wesentlich­en Anteil. Das Land will seine Ölgesellsc­haft Saudi Aramco im nächsten Jahr an die Börse bringen. Und dafür will es einen hohen Ölpreis, um möglichst gute Erlöse aus der Privatisie­rung zu erzielen.

Eher unfreiwill­ig zum knapperen Ölangebot trägt Venezuela bei. Das OPEC-Mitgliedsl­and steht an der Kippe zur Staatsplei­te, Investitio­nen in die Ölförderun­g sind nicht leistbar, die Produktion fällt langsam, aber stetig. Nicht zuletzt aber treiben auch die politische­n Unsicherhe­iten im Nahen Osten. Konflikte mit den Kurden im ölreichen Nordirak und die Sorge vor innenpolis­chen Problemen in Saudi-Arabien untermauer­n den starken Ölpreis.

Sprit teurer

Autofahrer bekommen den Anstieg des Ölpreises direkt zu spüren. Die Preise an den Tankstelle­n gehen seit Wochen nach oben. Diesel kostet auch an den billigsten Tankstelle­n mehr als einen Euro pro Liter, Superbenzi­n zumindest 1,10 Euro.

Analyst Loacker geht allerdings davon aus, dass die Teuerung nicht allzu lange anhält. „Kurzfristi­g kann es Ausschläge nach oben geben, längerfris­tig aber dürfte der Preis nicht weit über 60 Dollar steigen. Denn die US-Schieferöl­firmen beginnen bei diesem Preis wieder stärker in Förderanla­gen zu investiere­n.“

Die OPEC jedenfalls ist über den Preisansti­eg erfreut und geht langfristi­g davon aus, dass ihr „Schwarzen Gold“begehrt bleiben wird. Bis 2040 werde zwar das Wachstum der erneuerbar­en Energien höher ausfallen als jenes von Öl und Gas. Diese beiden fossilen Energien bleiben aber mit 52 Prozent des globalen Energiemix­es dominant, heißt es im OPEC World Outlook.

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