Im Kunststoff steckt Innovationskraft
Interview. Helmut Schwarzl, Obmann der kunststoffverarbeitenden Industrie, über den INNOVATION DAY 2017
Die Kunststoff branche ist ein fixer und treibender Bestandteil der heimischen Wirtschaft. Für die Herausforderungen der Zukunft ist man bestens gerüstet und setzt auf Innovationen, Forschung und Weiterentwicklung. KURIER: Herr Schwarzl, worin besteht die Intention für den INNOVATION DAY 2017? Helmut Schwarzl: Anfang der 50er-Jahre – also zu Beginn des eigentlichen Kunststoffzeitalters – lag der Jahresverbrauch an verarbeiteten Kunststoffen in Österreich bei nur 0,3 Kilo pro Kopf. Heute beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch etwa 150 Kilogramm. Der steile Anstieg des Kunststoffverbrauchs zeigt deutlich, welche Innovationskraft in diesem Material steckt. Es hat sich damit im letzten halben Jahrhundert in vielen Lebensbereichen als die beste Materialalternative herausgestellt. In diese Innovationskraft und Lösungskompetenz der Kunststoffindustrie wollen wir mit dem Innovation Day Kunststoff Einblicke gewähren. Wir haben uns bemüht, mit der Auswahl der Vortragenden ein möglichst breites Spektrum der verschiedenen Zwei- ge der Kunststoff branche abzudecken. Wie geht es der österreichischen Kunststoffindustrie?
Die Branche erwirtschaftet alleine im Bereich Kunststofferzeugung und -verarbeitung einen Umsatz von 7,3 Mrd. EURund gibt 29.900 Mitarbeitern Beschäftigung. Die Beschäftigtenzahl ist in den letzten zehn Jahren um elf Prozent gestiegen, was in Industriebranchen durchaus ungewöhnlich ist. Die Bruttowertschöpfung liegt bei 2,7 Mrd. EUR. Das ist mehr als die der gesamten Landwirtschaft. Kunststoff-AdditivErzeugung und KunststoffMaschinenbau sind hier noch gar nicht mitgerechnet. „Kunststoffe und Umwelt“ist IMMER ein großes Thema – was wird von Industrieseite getan?
Da Kunststoffe leicht und auch meist kostengünstig sind, ist der Konsument gerne dazu verleitet, sie nicht ordnungsgemäß zu entsorgen. Durch Wind und Regen gelangt der achtlos weggeworfene Kunststoff dann in Bäche und Flüsse und schließlich ins Meer. Eine Studie zeigte, dass jährlich bis zu 40 Tonnen Kunststoff in der Donau Österreichs Grenze passieren. Etwa zehn Prozent davon sind Kunststoffverluste aus der Herstellung und Verarbeitung. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf. Die österreichische Kunststoffbranche will hier mit gutem Beispiel vorangehen und den Kunststoffeintrag in die Umwelt so gering wie möglich halten. Darum wurde auf Initiative des Fachverbandes und des BMLFUW (Bundesministerium für Landund Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) der Pakt „Zero Pellet Loss“gegründet. Die Mitgliedsunternehmen der Initiative konnten bereits im ersten Jahr eine Mengenreduktion in einer Größenordnung von über 90 Prozent der früheren „Verlustmengen“erreichen. Dieses Ergebnis zeigt eindrucksvoll, dass rasche und zielgerichtete freiwillige Maßnahmen einer verantwortungsvollen Branche mehr bewirken können als neue Rechtsvorschriften. Was sind die kommenden Herausforderungen für die Kunststoffindustrie?
Die EU arbeitet aktuell an einer eigenen Kunststoffstrategie, mit der sie durch verschiedene Maßnahmen Kunststoffprodukte auf die Kreislaufwirtschaft ausrichten will. In Öster- reich erstellt das Umweltbundesamt im Auftrag des BMVIT (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) eine Roadmap „Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“mit der Vision, bis 2050 die Rohstoffbasis für Kunststoff auf biobasiert umzustellen. Die österreichische Kunststoffindustrie wird sich diesen Herausforderungen natürlich stellen. Auch wenn es schwierig werden könnte, so sind wir zuversichtlich, dank unserer Innovationskraft die neuen Vorgaben erfüllen zu können. Mit der Bündelung der verschiedensten Interessen der Branche haben Sie keine ganz leichte Aufgabe zu bewältigen. Was erwarten Sie sich in diesem Sinne vom INNOVATION DAY?
Österreichs Kunststoffbranche ist ein heterogener Sektor. Von den Erzeugern des Rohstoffes Kunststoff, über die Halbzeug- und Fertigteilproduzenten bis zu den Verpackungsspezialisten hat jeder seine eigenen Anliegen und Ansprüche.
Die Idee des „Innovation Day Kunststoff “war es, den größten, gemeinsamen Nenner der Branche zu suchen. Und dieser findet sich beim Thema „Innovation“in vielfältiger Weise.