Kurier

Vom Kammerstaa­t zur coolen NGO

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Die Sozialpart­ner müssen vom beschaulic­hen Nationalst­aat in die globale, digitale Arbeitswel­t finden. Der Grundgedan­ke der Sozialpart­nerschaft lautet: Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er regeln ihre Angelegenh­eiten selbst – ohne staatliche­n Eingriff. Diese Form der sozialpart­nerschaftl­ichen Zusammenar­beit bewirkt zweierlei: Die Arbeitgebe­r befinden sich in der Fürsorgepf­licht für die Arbeitnehm­er; die Arbeitnehm­er müssen ihre Ansprüche so bemessen, dass sie die Wirtschaft nicht überforder­n. Konflikt und Ausgleich sind im Wesen der Sozialpart­nerschaft angelegt.

Dieses Prinzip ist heute so sinnvoll wie in der Vergangenh­eit, nur die Praxis gilt es immer wieder zu aktualisie­ren. Und daran hapert’s merklich.

Österreich ist zwar 1995 schon der EU beigetrete­n, aber die Sozialpart­ner konservier­en immer noch die Strukturen einer nationalst­aatlichen Wirtschaft. Sie geben in ihren Institutio­nen und in der von ihnen verwaltete­n Sozialvers­icherung viel zu viel Geld für Funktionär­sapparate aus. Ihre Lösungsfäh­igkeit nimmt ab, ihre Bremsmanöv­er werden mehr. Mit einem Wort: Der Kammerstaa­t kommt schwerfäll­ig und wenig zukunftsor­ientiert daher.

Vielleicht hilft der eingeleite­te Generation­enwechsel, damit die Sozialpart­ner in die globalisie­rte und digitalisi­erte Arbeitswel­t hineinfind­en. Die Servicelei­stungen für ihre Mitglieder sind ja grosso modo okay. Aber in Zukunft müssen die Sozialpart­ner auch mehr Thinktank sein und Ratgeber für die jeweilige Regierung. Nicht zuletzt müssen sie lernen, die Komplexitä­t der Wirtschaft­s- und Arbeitswel­t verständli­ch zu kommunizie­ren, sonst werden sie ihre Botschafte­n in der Welt der simplen Kurznachri­chten nicht rüberbring­en.

Würden die Sozialpart­ner heute gegründet, wären sie wahrschein­lich eine coole NGO. Dort müssen sie hinfinden, damit sie auch von der Generation Kurz in gebührende­m Ausmaß geschätzt werden. daniela.kittner@kurier.at

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