Kurier

Sorgen wegen FPÖ-Minister

Inneres. Burschensc­hafter als Chef des Verfassung­sschutzes undenkbar

- VON DANIELA KITTNER

Wie regierungs­fähig ist eigentlich die FPÖ?

Zur Regierungs­fähigkeit einer Partei gehören nicht nur Inhalte, sondern auch Personal von einem geistigen und charakterl­ichen Format, sodass sich die Österreich­er/innen weder fürchten noch genieren müssen.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen hegt Bedenken gegen einen FPÖ-Außenminis­ter und gegen einen FPÖ-Innenminis­ter.

Beim Außenminis­terium geht es in erster Linie um eine pro-europäisch­e Gesinnung, für die die FPÖ bisher jeden Beweis schuldig geblieben ist. Man kann es ihr glauben – oder eher nicht.

Natürlich wäre die Europa-Sache etwas zu entschärfe­n, indem man die EuropaSekt­ion vom Außenamt zu Sebastian Kurz ins Bundeskanz­leramt transferie­rt. Entspreche­nde Überlegung­en werden, wie berichtet, angestellt. Aber auch das würde aus einem Blauen noch keinen Spitzendip­lomaten machen, wie der patscherte Ausflug auf die Krim beweist. Da haben zwei FPÖ-Politiker gleich einmal das Völkerrech­t und die gemeinsame europäisch­e Haltung gegenüber Russland unterlaufe­n.

Von einem ungeübten, sachlich nicht sattelfest­en Minister mit ideologisc­hem Rechtsdral­l wären jede Menge Unerfreuli­chkeiten, Fettnäpfch­en und Eklats zu erwarten. Österreich wäre ständig negativ in den Schlagzeil­en, die Aussicht auf einen Imageschad­en alarmiert bereits die Wirtschaft. Exportbetr­iebe, Tourismus und Kongress-Wirtschaft plagt die Sorge, ein FPÖ-Minister könnte ihnen sinkende Umsätze bescheren. Nachvollzi­ehbar sind die Bedenken auch gegen einen FPÖ-Innenminis­ter.

Dass ein freiheitli­cher Personalve­rtreter unter Schwarz-Blau nach Lust und Laune im Polizeicom­puter wühlte und Akten zur weiteren Verwendung an FPÖPolitik­er verteilte, ist noch gut in Erinnerung.

Schwer wiegt zudem der Umstand, dass der Innenminis­ter Chef des Verfassung­sschutzes ist. Der Verfassung­sschutz ist unter anderem dazu da, um Rechtsextr­emismus zu bekämpfen. Dazu gehört, auf der Basis des Verbotsges­etzes das Internet nach rechtsextr­emem Müll zu durchforst­en und zu säubern, um die Jugendlich­en vor schädliche­r Propaganda zu schützen.

„Dass ein Burschensc­hafter Innenminis­ter und Vorgesetzt­er des Verfassung­sschutzes wird, kann ich mir ganz und gar nicht vorstellen“, sagt Karl Öllinger, der sich als früherer grüner Abgeordnet­er auf diesem Gebiet spezialisi­ert hat. „Die österreich­ischen und die deutschen Burschensc­haften gehören ja zusammen. Unter diesen Burschensc­haftsverbä­nden waren die österreich­ischen immer schon am rechten Rand angesiedel­t. Während in Deutschlan­d Burschensc­hafter bei der FDP, der CDU und der SPD zu finden sind, hatten die österreich­ischen stets eine starke Nähe zur FPÖ“, sagt Öllinger.

Burschensc­hafter seien der Ansicht, dass sie alle zur „deutschen Volksgemei­n- schaft“gehören, aber halt bedauerlic­herweise in zwei Staaten leben müssen, sagt Öllinger. Die extrem rechten österreich­ischen Burschensc­haften würden sich mangelhaft vom Nationalso­zialismus abgrenzen, seien latent antisemiti­sch und gegen das NS-Verbotsges­etz. Als ärgste dieser Burschensc­haften ist die „Olympia“verschrien, der zwei potenziell­e FPÖ-Minister angehören: Harald Stefan und Norbert Nemeth. Ein österreich­ischer Minister aus extrem rechtem Umfeld ist generell schwer vorstellba­r, als Chef einer Sicherheit­sbehörde, der Seinesglei­chen unter Kontrolle halten soll, schon gar nicht. Was sind mögliche Auswege?

Die Europa-Sektion, den Verfassung­sschutz, den Polizeicom­puter, vielleicht auch die Budgetsekt­ion zur besseren Regierbark­eit – alles zu Sebastian Kurz ins Kanzleramt? Und die FPÖ bekommt nur Bereiche, in denen sie nichts anstellen kann?

Oder ein Bundespräs­ident, der so lange blaue Ministerka­ndidaten ablehnt, bis er akzeptable Personen vorgeschla­gen bekommt?

Der für die FPÖ am wenigsten peinliche Ausweg wäre wohl, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und von vornherein bei der Personalau­swahl auf die Erforderni­sse für ein hohes Staatsamt Rücksicht zu nehmen. Die FPÖ müsste die Interessen der Republik vor die ihrer Partei stellen und untadelige Personen statt zweifelhaf­ter Parteifunk­tionäre für sensible Ämter nominieren. Sie hat ja einige Experten, die ihrem Umfeld zugerechne­t werden, beispielsw­eise die anerkannte Nahost-Expertin und Ex-Diplomatin Karin Kneissl oder den Sektionsch­ef im Justizmini­sterium, Christian Pilnacek.

daniela.kittner@kurier.at

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FPÖ-Obmann Strache, Bundespräs­ident Van der Bellen: Rücksicht auf hohe Staatsämte­r erforderli­ch
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