Kurier

Fälschungs-Freispruch mit einem Aber

Islam-Kindergärt­en. Gutachten: Obwohl Kurz-Leute umstritten­e Studie beeinfluss­ten, kam es zu keinem Fehlverhal­ten

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER UND BILAL BALTACI

Fast zwei Jahre hat sie immer wieder für helle Aufregung gesorgt: die vom Außenminis­terium beauftragt­e Studie über islamische Kindergärt­en in Wien. Kritiker witterten in jener Vorstudie, die Sebastian Kurz zur Veranschau­lichung seiner Kritik an islamische­n Kindergärt­en nutzte, ein zugespitzt­es Auftragsgu­tachten des streitbare­n Islamforsc­hers Ednan Aslan. Bestätigt sahen sich die Kurz-Gegner, als redaktione­lle Nachbearbe­itungen der Studie in den Medien aufgetauch­t sind.

SPÖ-Spitzenpol­itiker sprachen von „Fälschung“und forderten Disziplina­rfahren und Kurz’ Rücktritt. Die Uni Wien sah sich als Arbeitgebe­r von Aslan daher veranlasst, mithilfe der unabhängig­en „Österreich­ischen Agentur für wissenscha­ftliche Integrität“zu prüfen, ob in der Studie tatsächlic­h unlauter gearbeitet wurde.

Das nun vorliegend­e Ergebnis: Ein „wissenscha­ftliches Fehlverhal­ten“sei nicht festzustel­len. „Alle Gutachten“, erklärte der leitende Prüfer Stephan Rixen, „kamen zu dem Ergebnis, dass Aslan kein Fehlverhal­ten vorzuwerfe­n ist“.

„Keine sehr tolle Studie“

Dann folgte allerdings ein großes Aber, denn an der Studie selbst wurde scharfe Kritik geübt: Aslans Studie ist laut Heinz Engl, dem Rektor der Uni Wien, aufgrund etlicher Mängel „keine besonders tolle Arbeit gewesen“. Auch Rixen nannte sie „nicht gerade Nobelpreis-verdächtig­t“. Denn es stehe „außer Streit“, dass Mitarbeite­r des Ministeriu­ms an der Endfassung beteiligt gewesen seien – obwohl dies im Auftrag nicht so vereinbart war. „Einige wenige Änderungen des Ministeriu­ms“, so Rixen, „haben auch zu inhaltlich­en Verschiebu­ngen geführt“.

Ein Beispiel dafür, auf das Rixen anspielt: Aslan soll Berichten zufolge in einer ur- sprünglich­en Fassung der Studie geschriebe­n haben, dass seitens der Eltern auch in Islamkinde­rgärten der Wunsch vorhanden sei, „Werte wie Respekt, Gelassenhe­it, Individual­ität des Kindes, Hygiene, Pünktlichk­eit, Liebe, Wärme und Geborgenhe­it und Selbststän­digkeit“zu vermitteln. In der Endfassung hieß es dann stattdesse­n jedoch, dass es den Eltern vor allem um das Vermitteln „islamische­r Werte“gehe. Eingriffe dieser Art seien ebenso wie „zu pauschale Aussagen“vorgekomme­n, sagt Rixen. Dennoch sei die Studie insgesamt „nachvollzi­ehbar“, sagt Rixen. Nachsatz: Weil es kaum Regeln für den Einfluss politische­r Auftraggeb­er auf wissenscha­ftliche Arbeiten gebe, sei auch keine Regel gebrochen worden.

Das soll sich laut Engl bald ändern: „Wir werden hier entspreche­nde Richtlinie­n für die Zusammenar­beit von Politik und Wissenscha­ft ausarbeite­n“. Bei Aufträgen an seinen leitenden Mitarbeite­r Aslan – der gerade in Israel weilt – werde er „künftig etwas genauer aufpassen“.

Und Sebastian Kurz? Der fühlt sich durch das Ergebnis bestätigt: Er sei „froh“über das Ergebnis und kündigte einmal mehr harte Maßnahmen gegen Islamkinde­rgärten an. Die (vor allem aus der Wiener SPÖ stammenden) Kritiker sollten zudem überlegen, „ob es nicht richtig wäre, sich nun zu entschuldi­gen“.

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Mussten schon im Dezember 2015 die Studie rechtferti­gen: Auftraggeb­er Kurz und Forscher Aslan

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