Erste „Universität“für Webcam-Models in Medellin erfolgreich
Wie Frauen der Armut entkommen wollen. Mit Verführung, Überredung und Tanz sollen sie durchschnittlich 60 Euro Stundenlohn kassieren
Webcam-Model „Meloody“interessiert sich für professionelles Schminken, ihre Kollegin Anna Martinez will „sinnliche Posen“erlernen. In Kolumbien schult sie die erste selbst ernannte „Universität Juan Bustos“für WebcamModels in „Verführung, Überredung und Tanz“.
Nach Angaben des kolumbianischen Nachrichtenmagazins semana arbeiten allein in Kolumbien 25.000 Frauen als „Webcam-Models“. Tendenz steigend. Das liegt einerseits an den verbesserten technischen Möglichkeiten: Immer schnellere Internetverbindungen in Verbindung mit qualitativ immer besseren Webcams kön- nen aus jedem Wohn- oder Schlafzimmer ein eigenes kleines TV-Studio machen. Zudem, so versichern es zumindest einige Teilnehmerinnen, sei diese Arbeit gegenüber gewöhnlicher Prostitution eine attraktive Alternative, da es zu keinen direkten sexuellen Kontakten mit den Kunden komme. Kolumbien gilt neben Rumänien als der größte Anbieter-Markt von Webcam-Models, zehn Prozent sind Männer.
In der aktuellem Sexismus-Debatte in der zahlreiche prominente Frauen über sexuelle Übergriffe berichten, wirkt die Uni in der kolumbianischen Metropole Medellin wie ein anachronis- tischer Rückfall, wird doch hier der weibliche Körper bewusst zur Kommerzialisierung genutzt. Die Verdienstmöglichkeiten seien ver- gleichsweise hoch, berichtet Universitätsgründer Juan Bustos. Mit durchschnittlich umgerechnet 60 Euro pro Stunde liegen die Einnahmen deutlich über dem des kolumbianischen Mindestlohns von rund 240 Euro monatlich. Davon will auch Bustos profitieren und nimmt von den Teilnehmerinnen Kursgebühren, hat ein Magazin und einen eigenen TV-Kanal.
Im Hörsaal der „Universität“sitzen Frauen unterschiedlichen Alters und Physiognomie, mit und ohne Tätowierungen, mit und ohne Brustvergrößerungen. Allein in Medellin gibt es über 150 Schönheitskliniken, die ab 1500 Euro aufwärts alle möglichen Eingriffe anbieten. Die Telenovela „Ohne Titten kommst Du nicht ins Paradies“hat sich mit dem sozialen Aufstieg von Frauen be- schäftigt, die sich, um reichen Drogendealern zu gefallen, die Brüste vergrößern ließen. Die Einschaltquoten waren historisch hoch.
Fort- und Weiterbildung
Linda Carolina Suarez, Koordinatorin der „Universität“, erklärt den Erfolg der Institution, die es seit einem Jahr gibt. „Was die Frauen machen, ist nichts anderes als ein Beruf. Und der braucht Aus- und Fortbildung.“Im Rahmen der Kurse gebe es Angebote wie Stangen-Tanz, professionelles Schminken, Sexualberatung, sagt Suarez. „Unser Ziel ist es diesen Berufszweig zu professionalisieren“.