Kurier

Putin wird auf 200 Milliarden Dollar geschätzt

Angeblich ist der Kreml-Chef amtsmüde, doch ein Nachfolger ist nicht in Sicht

- VON STEFAN SCHOCHER

Tritt er an, tritt er nicht an? Kommenden März finden in Russland Präsidente­nwahlen statt. Und Medien spekuliere­n diesmal besonders intensiv darüber, ob Putin antritt oder ob er sich in den Ruhestand begibt. Der britische Independen­t berichtete, Putin sei amtsmüde, wolle sich einen langen Wahlkampf ersparen und habe zumindest im vergangene­n Herbst sehr konkret ein Ausscheide­n aus der Politik überlegt.

200 Milliarden Dollar

In einem solchen Fall wäre er mit einem Schlag der wohl weltweit reichste Pensionist: Putins Vermögen wird auf 200 Milliarden Dollar geschätzt, geparkt auf Konten und in Hedge Fonds in der Schweiz. Laut einem Dossier seines 2015 in Moskau ermordeten politische­n Gegenspiel­ers Boris Nemzow umfasst sein Besitz zudem 58 Flugzeuge und Helikopter, eine Uhren-Sammlung im Wert von 500.000 Dollar sowie rund 20 Anwesen und eine Jacht – ein Geschenk von Oligarch Roman Abramowits­ch. Allesamt Vermögensw­erte, die aus staatliche­n Töpfen abgezweigt worden seien.

Putin selbst hat solchen Reichtum immer von sich gewiesen. Als „Nasenramme­l“, den seine Gegner sich aus der Nase gezogen und auf Papier geschmiert hätten, hatte er diese Behauptung­en bezeichnet. Tatsächlic­h sind diese Vermögensw­erte nur über Umwege auf Putin zurückzufü­hren.

Vor allem aber steht auch in Frage, ob er sie bald wird nutzen können: Denn zwar, so berichtete der Independen­t, erwog Putin zumindest im Herbst 2016 ernsthaft einen Ausstieg aus der Politik, aber realistisc­h ist ein sicherer Rückzug des Kreml-Chefs keinesfall­s.

Laut Independen­t waren 2016 drei Szenarien für Putins Abgang entworfen worden – von der Berufung eines neuen Stellvertr­eters und dessen Auf bau zum Präsidente­n über die Einset- zung eines regierende­n Kollegiums bis zu vorgezogen­en Wahlen bereits im Dezember. Ob diese Pläne hinter den Kulissen der russischen Politik auf den Weg gebracht wurden, ist unbekannt. Im Herbst 2016 jedenfalls hatte man sich in Moskau auf einen Sieg Clintons bei den US-Präsidente­nwahlen eingestell­t – und damit auf eine härtere US-Politik gegenüber Moskau. Das ist nun nicht eingetrete­n. Ein Nachfolger wurde nicht aufgebaut – das wohl stärkste Indiz dafür, dass Putin 2018 um eine Kandidatur nicht herum kommt.

Die Lager um Putin (eher Liberale sowie Hardliner) sind tief zerstritte­n und können sich auf keinen gemein- samen Kandidaten einigen. Nach 14 Jahren an der Macht käme ein Rückzug Putins also dem Ende eines ganzen Systems gleich – mit unabsehbar­en vor allem aber unkontroll­ierbaren Folgen.

Denn die Klammer, die die Machtpole in Moskau zusammenhä­lt, ist eben Putin. Einen zweiten Putin könne es nicht geben, so Walery Solowei, Professor am Staatliche­n Institut für Internatio­nale Beziehunge­n in Moskau. „Wenn dieser Mann geht, geht auch das System.“Und geht das System, bedeute das eine politische Krise, die mit dem Ende der Sowjetunio­n verglichen wird – was niemand im und um den Kreml möchte.

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Kreml-Chef Putin mit seinem Premier Medwedew – beide sollen Milliarden auf die Seite geschafft haben

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