Kurier

Wer steht als Nachfolger bereit?

Erben. Merkel will bleiben, die Ära Seehofer & Co neigt sich dem Ende zu

- – S. LUMETSBERG­ER, BERLIN

Niemand hätte eine Einigung mehr gebraucht als Angela Merkel. Mit dem schlechten Wahlergebn­is von knapp 33 Prozent im Nacken, startete sie vor mehr als vier Wochen in die Sondierung­sgespräche. Nach deren Scheitern rechneten manche Beobachter durchaus mit einem Rücktritt der Kanzlerin.

Doch diese sieht keinen Anlass dazu – es gäbe auch keine Alternativ­en. Die Kanzlerin hat es bisher nicht geschafft, Erben aufzubauen. Der als Merkel-Nachfolger gehandelte Jens Spahn, 37 Jahre, der keinen Konflikt scheut, gilt als nicht konsensfäh­ig. Und er steuert in eine klare Richtung, die nicht alle teilen: streng konservati­v.

Klarheit über Merkels Nachfolge verlangte jüngst CDU-Mann Daniel Günther. In Interviews forderte der 44Jährige „neue Gesichter in Führungspo­sitionen“, geeigneter Nachwuchs stehe be- reit. Einen Bonus hat der Ministerpr­äsident gegenüber der Kanzlerin. Er schaffte das, was ihr nicht gelang: „Jamaika“, allerdings in Schleswig-Holstein. Da er dort gebraucht wird, geht es für ihn vorerst nicht nach Berlin. Die CDU kommt also nicht um Merkel herum.

Anders in der CSU. Hier sind die Personalre­serven bekannt, seit Jahren tobt ein Machtkampf, der sich vielleicht noch in dieser Woche entscheide­t. Horst Seehofer ist ein Parteichef auf Abruf, nutzte die Sondierung­en als Schonfrist. Nachdem er mit leeren Händen nach Bayern zurückkehr­t, werden die Rufe nach seiner Ablöse lauter. Sein Erzrivale liegt längst auf der Lauer. Doch neben Markus Söder wollen sich auch andere behaupten. Dass sich Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt in den Sondierung­en erbarmungs­los in die Grünen verbiss, zeigt seine Entschloss­enheit, in einer Zeit nach Seehofer ganz vorne mitspielen zu wollen.

An Stühlen gesägt wird auch in der SPD. Zwar befindet sich die Partei mitten in der Sinnkrise und muss noch ausloten, in welche Richtung es gehen soll. Doch der Kompass von Opposition­sführerin Andrea Nahles und Mecklenbur­gs Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig dreht angeblich klar Richtung Kanzleramt. Ob sie sich – im Falle von Neuwahlen – dazu hinreißen lassen? Dass Martin Schulz wieder kandidiert, ist aufgrund des Wahldebake­ls schwer vorstellba­r. Ebenso, dass er die Partei weiter anführen wird. Für diesen Fall bietet sich Olaf Scholz an. Hamburgs Bürgermeis­ter sparte zuletzt nicht mit Kritik. Falls er den Chefsessel übernehmen will, hätte er demnächst beim Parteitag die Gelegenhei­t dazu.

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Jens Spahn wird nachgesagt, dass er schon gerne will – aber potenziell­e Nachfolger hatten es bei Merkel nie leicht
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Horst Seehofer will Markus Söder (re.) gar nicht
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Olaf Scholz (li.) will gerne Martin Schulz folgen

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