Wie Europas Lehrlingen das Ausland schmackhaft gemacht werden soll
Der „Innovation in Politics Award“will clevere Politik fördern
Was können die Politik bzw. Politiker auf lokaler Ebene dazu beitragen, damit die Wirtschaft floriert?
Der zweite Teil der Serie über den „Innovation in Politics Award 2017“widmet sich den Themen „Jobs & Wirtschaft“. Und hier lohnt es sich, den Blick auf den zehnten Bezirk in Paris zu werfen. „Testeur de commerce“, zu Deutsch: Shop Tester, heißt eines der spannendsten Projekte, die bei dem Preis für Innovation in der Politik eingereicht wurden.
Worum geht es? Auf 65 Quadratmetern stellt die öffentliche Hand Verkaufsflächen zur Verfügung, auf denen angehende Unternehmer experimentieren können. Anders gesagt: Wer auch immer eine Idee für ein Projekt oder ein bestimmtes Produkt hat, kann sich für vergleichsweise kurze Zeit in den „TestShops“einmieten.
Der Clou daran: Die Mieter können die Verkaufsfläche zwischen zwei Wochen und vier Monate lang mieten, um ohne großen Mittel-Einsatz und vergleichsweise niederschwellig ein Gefühl zu bekommen, ob ihre Geschäftsidee eine Zukunft hat.
Der erste, 2015 eröffnete „Tester-Shop“hat mittlerweile 16 Start-Ups beheimatet, bis Jahresende werden zwei weitere derartige Projekte im siebzehnten und im zwölften Pariser Bezirk eröffnet sein.
So werden Lehrlinge mobiler
Die Idee ist einfach: Europäische Lehrlinge sollen mehrere Monate oder sogar ein ganzes Jahr lang in einem andere EU-Land ausgebildet werden und so ihren Horizont erweitern.
Was aber ist notwendig, damit das gelingt, und vor allem: Wie können die im Ausland erworbenen Qualifikationen in Betrieben auch im Herkunftsland auf die Lehrlingsausbildung angerechnet werden?
Um Fragen wie diese zu beantworten, hat der frühere französische Minister und Macron-Fan Jean Arthuis ein spezielles Lehrlingsprojekt mit entwickelt – und auch das findet sich unter den hoffnungsfrohen Projekten des „Innovation in Politics Awards 2017“.
„Im Projekt geht es darum, dass die Lehrlinge sprachliche Fortschritte machen, reisen, ihr Wissen teilen und alle spannenden Aspekte des Zusammenlebens erfahren“, sagt Jean Arthuis. Aber nicht nur das. Auch konkrete Schwierigkeiten, die es den Arbeitgebern verleiden, junge Mitarbeiter zur Ausbildung ins Ausland zu schicken, soll das „Apprentice“-Projekt beheben. „Derzeit bleibt die rechtliche Verantwortung beim Arbeitgeber, wenn ein Lehrling im Ausland ist. Das ist insbesondere bei längeren Auslandsaufenthalten gegenüber den Arbeitgebern unfair.“
30 Trainings-Zentren in zwölf Ländern nehmen an dem Projekt teil, das nicht nur darauf abzielt, die Sprachkenntnisse der Lehrlinge zu verbessern und ihre Ausbildung voranzutreiben, sondern als Grundstein für eine EU-einheitliche Lehrlingsausbildung gilt – was nicht immer Freude bereitet. „Natürlich haben wir immer wieder mit Verwaltungsbeamten zu tun, die die Regel eng interpretieren und nicht außerhalb der gewohnten Rahmen denken wollen. Das kann frustrierend sein“, sagt Arthuis, „aber letztlich gehe es um Geduld: „Für Fortschritte braucht es einfach einen langen Atem.“
Jeder Stadt ihre Währung
Als George Ferguson 2012 Bürgermeister von Bristol wurde, bekam er sein Gehalt in einer besonderen Währung. Der gelernte Architekt bezog seine Gage nicht in Pfund, sondern in Bristol Pfund – und propagierte damit eine politische Innovation, die international Furore machen könnte. Die Idee ist simpel: In Bristol wird eine eigene, lokale Währung verwendet, die den kleinen Gemeinden doppelt hilft. Zum einen bietet die Währung einen Anreiz, bei lokalen Geschäften zu kaufen, die die Währung akzeptieren. Zusätzlich hilft eine lokale Währung der Umwelt. Denn Waren, die vor Ort erzeugt und verkauft werden, müssen nicht per Schiff, Lkw oder Flugzeug über weite Strecken transportiert werden. Lesen Sie morgen: Projekte, die Zusammenleben fördern
„Lehrlinge sollen sprachlich gefördert werden, reisen und so ihr Wissen teilen und verbreitern.“ Jean Arthuis Französischer Ex-Minister