Kurier

Skepsis gegen die Selbstbewu­sste

Außenminis­terium. Karin Kneissl strebt als FPÖ-Favoritin die Kurz-Nachfolge an, die ÖVP hält sich diplomatis­ch zurück

- VON UND

Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist Karin Kneissl die Top-Favoritin für das Amt als Außenminis­terin. Sie sei von ihm kurz nach der Wahl auch gefragt worden, ob sie Außenminis­terin werde wolle. Ganz offen sprach sie in der Presse von ihren Ambitionen: „Ich bin bereit, Außenminis­terin zu werden. Für mich wäre es ein Dienst an der Republik.“

In der ÖVP gibt man sich ob dieser Aussagen von Karin Kneissl sehr zurückhalt­end: „Weder über eine Ressortver­teilung noch über Namen wurde bisher gesprochen“, heißt es im Büro von ÖVP-Chef Sebastian Kurz gegenüber dem KURIER. Dass der Noch-Außenminis­ter im Sommer bei Kneissl angefragt habe, ihn zu unterstütz­en, wird von Kurz-Mitarbeite­rn „weder bestätigt noch dementiert“.

Intermezzo bei Mock

Karin Kneissl betont stets, unabhängig zu sein, ein Naheverhäl­tnis zu Parteien ist ihr aber nicht abzusprech­en: Sie arbeitete als Diplomatin 1993 kurze Zeit im Kabinett von Außenminis­ter Alois Mock, der überzeugte Christdemo­krat und Cartellbru­der verlangte inhaltlich­e Nähe und Loyali- tät. Die CV-dominierte Männermann­schaft um Mock behagte Kneissl nicht, hochrangig­e Diplomaten sagen, dass sie den Job aufgeben musste.

Ein Video auf ihrer minutiös gestaltete­n Homepage zeigt einen Vortrag in der TeamStrona­ch-Akademie, ihr letztes Buch über China erschien im Frank & Frei-Verlag, der der Stronach-Akademie gehört. Jetzt hat die FPÖ Karin Kneissl als Nahost- und Ener- gie-Expertin sowie Kritikerin der Europäisch­en Union, des Islam und der Migration („In Europa steht unser gesellscha­ftliches Zusammenle­ben auf der Kippe“) in das Verhandlun­gsteam über Europa und Außenpolit­ik geholt.

Fragt man Weggefährt­en der ehemaligen Diplomatin über eine mögliche Rückkehr als Chefin ins Außenminis­terium, sind die Reaktionen geteilt: „Für sie spricht, dass sie ein klares außenpolit­isches Interesse hat, kompetent ist und keine rechtsextr­emen Ansichten hat“, sagte ein hochrangig­er Beamter. Auch ein ehemaliger Kollege und Mock -Pressespre­cher, Florian Krenkel, lobt ihre Kompetenz und ihr Engagement.

Es gibt aber auch Diplomaten, die besorgt sind, Kneissl könnte bei einer Rückkehr ins Amt auf Revanche brennen. „Sie ging ja nicht ganz freiwil- lig“, erinnern sich Diplomaten. Nachdem sie das MockKabine­tt verließ („Es gab Unzufriede­nheit mit ihren Möglichkei­ten“, erzählt ein Diplomat), folgten Stationen in Paris und Madrid, eigentlich wollte sie nach Budapest gehen. Mitarbeite­r nicht nach ihren Talenten einzusetze­n, störte sie. 1998 quittierte die studierte Juristin und Arabistin nach acht Jahren Tätigkeit den diplomatis­chen Dienst, um frei und unabhängig zu sein. Karin Kneissl arbeitete fortan als „Publizisti­n, Lehrbeauft­ragte und Energieana­lystin“, wie sie ihre Tätigkeit auf ihrer Homepage auflistet.

Die gefragte Nahost- und Islam-Expertin wirkt in ihren Auftritten im Fernsehen und bei Veranstalt­ungen sehr selbstbewu­sst, argumentie­rt eloquent und kämpft als Frau für ihre Rechte. „Sollte sie Ministerin werden, wird sie sicher bald mit Sebastian Kurz zusammenkr­achen“, mutmaßen Gesprächsp­artner im Außenamt.

Bedeutsam sein

Macht und Einfluss ist der ExDiplomat­in, die in Seibersdor­f bei Wien lebt, anscheinen­d sehr wichtig.

Nicht von ungefähr ziert ein Zitat des römischen Philosophe­n Seneca ihre Homepage: „Lieber will ich durch Wahrheit anstoßen, als durch Schmeichel­ei gefallen.“Das ist die Devise von Karin Kneissl. Man muss aber auch wissen, dass Seneca, einer der mächtigste­n Männer seiner Zeit, tragisch endete. Kaiser Nero, dessen Erzieher und Berater er war, beschuldig­te ihn der Beteiligun­g an einer Verschwöru­ng und befahl ihm die Selbsttötu­ng. Seneca kam dem Befehl nach.

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