Kürzung der Mindestsicherung wird Gezerre
572 statt 844 Euro. VP-FP-Plan lässt sich nicht so einfach wie gewünscht bundesweit durchsetzen
Weniger Geld für Flüchtlinge in der Mindestsicherung – dies war jüngst eine der zentralen Aussagen der türkis-blauen Verhandler. Erreicht werden soll dieses Ziel laut Verhandlerkreisen über eine bundeseinheitliche Einführung der Modelle, wie es sie in Oberund Niederösterreich gibt.
Diese sehen zwei wesentliche Einschnitte vor: In Niederösterreich etwa bekommt man die „vollen“844,46 Euro nur, wenn man von den vergangenen sechs Jahren mindestens fünf in Österreich gemeldet war. Wer diese Bedingung nicht erfüllt, bekommt die „Mindestsicherung Integration“über 572,50 Euro. Das betrifft auch Österreicher – allerdings nur wenige, wie dem KURIER vorliegende Zahlen zeigen: Von den 3883 Beziehern dieser „Mindestsicherung light“in Niederösterreich waren im Oktober 3643 Asylberechtigte, 240 haben keinen Asylstatus und firmieren unter „Österreicher und Sonstige“. Vom „Deckel“bei 1500 Euro pro Monat für Familien, die Mindestsicherung bekommen, ist indes fast jeder vierte der 16.156 niederösterreichischen Bezieher betroffen.
Durch ein immer wieder von ÖVP und FPÖ als Ziel anvisiertes Mehr an „Sachleistungen“abgefangen werden diese Kürzungen nicht. Im großen Stil, erklärt ein Referent im Büro von Landesrätin Barbara Schwarz, wird nicht auf Sachleistungen gesetzt. Wenn ein Mindestsicherungsbezieher beispielsweise seine Miete nicht abliefert, zahlt das Land die „Sachleistung Wohnen“, und der Bezieher bekommt weniger Geld. Dies geschieht jedoch erst im Bedarfsfall.
Die Umsetzung des Modells im Bundesgebiet wird sich als schwierig erweisen, denn auf allen drei möglichen Wegen dorthin gibt es ob der Länderzuständigkeit Hürden. Plan A von TürkisBlau sieht vor, sich mit allen Ländern auf ein einheitliches Modell zu einigen. Angesichts der Ablehnung im rotgrünen Wien – dort steigen die Kosten am stärksten an, fast drei Viertel der Mindestsicherung fließen nach Wien
– wird das wohl nichts. Plan B, erklärt ein ÖVPSprecher, wäre ein „Grundsatzgesetz“, das mit einfacher Mehrheit im Parlament beschlossen werden kann. Damit könnte der Bund den Ländern Rahmenbedingungen vorgeben. „Grundsätzlich ist das schon möglich“, sagt Parlamentsexperte Wolfgang Zögernitz – bei zu genauen Regelungen entstünde großes Anfechtungspotenzial, man müsste den Ländern also Spielraum lassen. De facto auszuschließen ist Plan C: ein neues Verfassungsgesetz.
Die für die Zweidrittelmehrheit benötigten Neos lehnen die „Mindestsicherung Light“ab. Zudem würde eine Einigung von ÖVP, FPÖ und Neos nicht ausreichen, weil dieses in die Ländermacht eingreifende Gesetz auch vom Bundesrat abgesegnet werden müsste, erklärt Zögernitz. Dabei könnte die Länderkammer den Beschluss nicht nur hinauszögern, so der Experte, sondern „gänzlich verhindern“. Und im Bundesrat hat Schwarz-Grün-Pink keine Zweidrittelmehrheit.