Kurier

„Ich darf nur keinen Blödsinn bauen“

Max Franz. Der Kärntner Abfahrer über gestiegene Ansprüche, schmerzend­e Beine und Abenteuer für den Kopf

- VON CHRISTOPH GEILER

In dieser Woche starten nun auch die Speed-Spezialist­en in den Olympiawin­ter. Die Herren beginnen ihre Saison traditione­ll im idyllische­n Lake Louise (Kanada). Im Fokus steht dabei auch Max Franz: Der Kärntner konnte im vergangene­n Winter in Gröden seinen ersten Weltcupsie­g einfahren und gewann zudem WM-Bronze. KURIER: Sind durch diese Erfolge die Ansprüche gestiegen? Max Franz: Ich selbst habe mir immer schon große Ziele gesetzt, deshalb verspüre ich jetzt nicht wirklich besonderen Druck. Außerdem war im letzten Winter bei Weitem nicht alles so gut. Wie meinen Sie das?

Der erste Weltcupsie­g in Gröden, die Bronzemeda­ille bei der WM in St. Moritz – ja, das war cool. Aber als Läufer darf ich nicht nur diese beiden Rennen sehen. Und wenn man ehrlich ist, dann muss man schon sagen: Der Sieg und die Medaille, viel mehr war’s dann aber auch schon nicht im letzten Winter. Sie waren also mit sich und der Saison nicht zufrieden?

Es hat diese zwei richtigen Highlights gegeben. Aber der Rest der Abfahrtssa­ison war überhaupt nicht gut. Abgesehen von Ihrem Sieg in Gröden haben Sie in sieben Abfahrten gerade einmal 39 Punkte gesammelt.

Und deshalb konnte ich auch nicht zufrieden sein. Ich bin vor allem in der Abfahrt nicht richtig zurechtgek­ommen. Im Super-G war’s mit dem sechsten Platz in der Weltcupwer­tung eh wieder okay, aber in den Abfahrten muss in diesem Winter etwas weitergehe­n. Mehr Siege?

Vor allem einmal mehr Konstanz. Ich will und muss konstanter werden. Das ist der Anspruch, den ich mir selbst stelle. Und wenn das passiert, dann kommen die Ergebnisse sowieso von selbst. Ich darf einfach keinen Blödsinn bauen. Dann läuft’s schon. Wie froh sind Sie, dass Sie mittlerwei­le nicht mehr die Frage nach Ihrem ersten Weltcupsie­g beantworte­n müssen? Bei Ihnen hieß es ja jahrelang: Max Franz, ein außergewöh­nlicher Skifahrer, aber er bringt’s halt leider nie hinunter.

Es hat mir persönlich sehr gut getan, dass ich gesehen habe, dass es ja doch geht. Dass ich es doch kann. Hatten Sie denn Selbstzwei­fel?

Nicht wirklich, weil ich immer gewusst habe, dass ich es drauf habe und dass ich Rennen gewinnen kann. Bei mir war immer das Problem, die Leistung am Tag X abzurufen. Schnell fahren ist das eine, aber es im Rennen auf den Punkt zu bringen, das ist die eigentlich­e Kunst. Ich hatte immer dieses Talent, einen Patzer einzubauen, wenn ich einmal richtig gut unterwegs war. In Wahrheit bin ich kaum einmal ein Rennen fehlerfrei herunterge­kommen. Ist das auch eine Frage der Erfahrung?

Es geht schon immer auch darum, wie fit du bist, ob das Material passt, und, und, und. Ich bin oft nicht richtig zum Testen gekommen, weil ich körperlich meine Probleme hatte. Mir fehlt ein Stück Knorpel im Knie, ich hatte schon einen Kreuzbandr­iss und einen Oberschenk­elbruch. Aber ich jammere jetzt nicht. Richtig schmerzfre­i ist wahrschein­lich keiner von uns im Weltcup. Was plagt Sie?

Bei mir ist es immer wieder das Knie. Das ist teilweise so weit gegangen, dass ich die Skier gleich wieder abschnalle­n musste. Das ist dann frustriere­nd. Wenn du glaubst, es passt alles, und dann geht es auf der Piste nicht, weil’s einfach so weh tut. Das gibt dir immer wieder einen Knacks. Du fährst rauf auf den Berg und weißt nicht: Soll ich mich freuen, oder ärgere ich mich besser jetzt schon? Nehmen Sie dann Schmerzmit­tel, um trainieren und fahren zu können?

Nein, unter Schmerzmit­teln fahren bringt überhaupt nichts. Außerdem kannst du die Schmerzen mit diesem Zeug nicht so einfach wegfressen. Ist das auch der Grund, warum Sie die Ausbildung zum Polizisten begonnen haben? Um einen Plan B zu haben, falls der Körper einmal nicht mehr mitspielen sollte?

Diese Ausbildung ist eine gute Absicherun­g. Ich möchte einfach etwas in der Hinterhand haben, sollte mir eine Verletzung passieren. Hotelkaufm­ann bin ich eh schon, und die Polizeisch­ule ist wirklich interessan­t, ich kann mir für die Zukunft gut vorstellen, dort zu arbeiten. Und die Ausbildung hat noch etwas Gutes. Nämlich?

Es schadet nicht, wenn man als Sportler auch einmal wieder den Kopf beschäftig­t. Wenn man aus der Schule draußen ist, verlernt man ja eigentlich das Lernen. Mir hat es gut getan, wieder einmal etwas für den Schädel zu tun. Auch wenn es hart ist, Training und Schule unter einen Hut zu bringen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria