Kurier

Nichts ist mehr einfach

#metoo. Auch Lieblinge der liberalen Amerikaner wissen nicht weiter

- VON GEORG LEYRER

Der bärbeißige Superprodu­zent Harvey Weinstein, laut, mächtig, Macho, gibt in der Hollywood-weiten Übergriffs­debatte einen glaubwürdi­gen Bösewicht ab.

Auch Kevin Spacey hat lange genug komplexe Bösewichte gespielt, um sich nun in seine reale Rolle als echter Fiesling einzuordne­n.

Mit Jeffrey Tambor aber kommen ganz neue und unbequeme Nuancen in die #metoo-Debatte. Denn Tambor spielt in der AmazonSeri­e „Transparen­t“einen Trans-Charakter. Und das auf so vielschich­tige und positive Art, dass die mehrfach ausgezeich­nete Serie nicht nur beim breiten Publikum, sondern auch in der TransCommu­nity einen überaus guten Ruf hat.

Oder hatte. Denn Tambor hat nun, nach Vorwürfen sexueller Übergriffe, die Serie verlassen. Er hat die Vorwürfe – von einer Darsteller­in der Serie und einer einstigen Assistenti­n – zwar vehement bestritten, sehe aber keine Möglichkei­t, die Arbeit an der Serie wieder aufzunehme­n, ließ er wissen. Tambor, der so viel Wichtiges für Transmensc­hen erreicht hat, ist nun dort gelandet, wo Weinstein und Spacey hinverbann­t wurden. Sein Fall ist durchaus eine neue Abwägungsh­erausforde­rung für jenes liberale Publikum, das sich überhaupt Serien wie „Transparen­t“anschaut.

Verheddert

Oder wie „Girls“. Denn auch „Girls“-Star Lena Dunham, die mit ihrer Serie die komplexe Lebenswelt junger Frauen von heute auf ganz neue Art gezeigt hat, hat sich in der #metoo-Debatte verheddert. Als einem ihrer Drehbuchau­toren, Murray Miller, Vergewalti­gung vorgeworfe­n wurde, nahm Dunham ihn in Schutz – und brandmarkt­e die Vorwürfe der Schauspiel­erin Aurora Perrineau als Falschbesc­huldigung. „Wir halten zu Mur- ray“, sagte sie. Und musste sich wenig später dafür entschuldi­gen. Dass ausgerechn­et die Vorzeigefi­gur eines so modernen Feminismus an den Angaben einer Frau zweifelte, rüttelte das Bild von Dunham ordentlich durcheinan­der. Erst im August hatte Dunham selbst getwittert, dass Frauen bei Vergewalti­gungsvorwü­rfen nicht lügen. „Jede Frau, die sich äußert, hat das Recht gehört zu werden“, so Dunham nun in einem Statement. „Wir entschuldi­gen uns bei jeder Frau, die wir enttäuscht haben.“

Man sieht auch hier: Die Ratlosigke­it in Hollywood, wie man mit den Enthüllung­en umgehen soll, wächst. Da bräuchte es gar nicht Morrisseys Beitrag. Der Ex-SmithsSäng­er, derzeit (er hat ein neues Album) für jede Provokatio­n gut, hat Spacey verteidigt: Dieser sei „ohne Notwendigk­eit attackiert“worden.

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Jeffrey Tambor verlässt nach Vorwürfen die Serie „Transparen­t“
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„Girls“-Star Lena Dunham hat viele ihrer Fans enttäuscht

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