Kurier

„Die Bürger fühlen den Druck“

Prozess. In Istanbul stehen wieder Menschenre­chtsaktivi­sten vor Gericht

- – ARMIN ARBEITER

Heute, Mittwoch, beginnt in Istanbul der zweite Verhandlun­gstag gegen zehn Menschenre­chtsaktivi­sten. Einer von ihnen, Taner Kılıç, Vorstandsv­orsitzende­r der türkischen Sektion von Amnesty Internatio­nal (AI), sitzt nach wie vor in Untersuchu­ngshaft, während acht andere bereits am 25. Oktober freigelass­en wurden.

„Das zeigt, wie willkürlic­h die türkische Justiz arbeitet“, sagt Ruhat Akşener von AI-Türkei gegenüber dem KURIER. Alle Beteiligte­n sind angeklagt, einer Terrororga­nisation anzugehöre­n, Kılıç soll beispielsw­eise mit der berüchtigt­en Gülen-Bewegung zusammenar­beiten.

„Es gibt keine spezifisch­e Organisati­on, der unsere Freunde anzugehöre­n verdächtig­t werden, aber sie werden verschiede­nen Organisati­onen zugeordnet: linken, rechten, islamistis­chen, kurdischen und was es sonst noch geben könnte. Es ist einfach nur lächerlich“, sagt Akşener. Werden die Angeklagte­n verurteilt, warten nach türkischem Strafrecht siebeneinh­alb bis 15 Jahre Gefängnis auf sie.

Seit dem missglückt­en Putschvers­uch im Juli 2016 findet in der Türkei eine massive Säuberungs­welle statt, mehr als 150.000 Menschen wurden festgenomm­en.

Für Akşener wird es immer schwierige­r, Menschenre­chte in der Türkei zu verteidige­n: „Unsere Institutio­n ist zwar noch immer geöffnet und wir können arbeiten. Es gibt außerdem noch immer eine Zivilgesel­lschaft in der Türkei, aber man fühlt den Druck, der von der Regierung ausgeht. Diesen Druck spüren nicht nur Menschenre­chtsorgani­sationen, sondern auch Juristen, Ärzte, Lehrer.“

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