Kurier

EU-Agenturen.

Österreich galt als Geheimfavo­rit – das Rennen umBankenau­fsicht und Arzneiagen­tur endete blamabel

- (Handelsabk­ommen mit Kanada, Anm.)

Gruppe an, sondern orientiert sich häufig an Deutschlan­d. Dadurch hat man wenig Rückhalt, wenn es um Stimmenmeh­rheiten geht.

Österreich habe versucht, im Hintergrun­d Allianzen zu schmieden, einige Länder hätten aber schon anderen die Unterstütz­ung zugesagt, sagte Schelling nach der Abstimmung: „Da dürften andere besser gearbeitet haben.“

Statt sich auf eine EU-Agentur zu konzentrie­ren, bewarb sich Wien für beide. „Für eine Bewerbung dieser Größenordn­ung braucht es Koordinati­on zwischen den verantwort­lichen Ministern und der Stadt, sowie eine klare Prioritäte­nsetzung auf eine einzige Bewerbung. All das haben SPÖVP nicht gemacht“, kritisiert­e NEOS-Gesundheit­ssprecher Gerald Loacker. Dass Schelling sich nur für die EBA interessie­rt und zu wenig für die EMA eingesetzt habe, bestreitet der Finanzmini­ster vehement. Zumal die Doppelbewe­rbung auch Verhandlun­gstaktik sein konnte: So zog Irland seine EMA-Bewerbung kurzfristi­g zurück, um die Chancen auf die EBA zu verbessern. Das wäre beinahe aufgegange­n – Dublin unterlag Paris nur per Los. Durch die Koalitions­verhandlun­gen gerieten die Bewerbunge­n ins Hintertref­fen. Zwar reiste der hoch angesehene Diplomat Woschnagg unermüdlic­h durch alle Hauptstädt­e und spulte mehr als 40.000 Flugkilome­ter ab, um Wien zu bewerben. Beobachter finden aber, die Bewerbung hätte mehr Gewicht gehabt, wenn Außenminis­ter Sebastian Kurz zur Abstimmung gereist wäre.

Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl vermisst eine „klare proeuropäi­sche Politik“. Wer CETA noch immer infrage stelle, verspiele Glaubwürdi­gkeit, Vertrauen und Verlässlic­hkeit. „Da darf man sich dann nicht wundern, wenn man bei nächster Gelegenhei­t die Rechnung dafür bekommt.“

Die Stadt Wien hatte mit Elan, Kreativitä­t und einer großzügige­n Mietbefrei­ung um Sympathie geworben und gehofft, mit dem Image als einer der lebenswert­esten Städte zu punkten. Die ausgesucht­en Standorte waren aber nicht gerade in bester Lage. In der Erstbewert­ung der EU-Kommission wurde Wien überrasche­nd schlecht bewertet. Wobei: Im Endeffekt hat das ohnehin keine Rolle gespielt. Sieger Amsterdam legte das teuerste Angebot – und der für die EMA vorgesehen­e Vivaldi-Turm wird nicht einmal rechtzeiti­g zum Brexit fertig. Die 900 EMABeschäf­tigten müssen also ab Jänner 2019 in ein Ausweichqu­artier übersiedel­n.

Und auch die geografisc­he Ausgewogen­heit spielte anders als angekündig­t keine Rolle. Samt EBA sind künftig fünf der 38 EU-Agenturen in Frankreich angesiedel­t; in den Niederland­en haben mit der EMA drei große Behörden ihren Sitz. Hingegen müssen Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Kroatien weiterhin durch die Finger schauen. In Wien hat nur die eher kleine Grundrecht­eAgentur FRA ihren Sitz.

Die Losentsche­idung sei „absurd“, protestier­te Mailands Bürgermeis­ter gegen das FinalAus seiner Stadt. Das Vorgehen – nach drei Runden entscheide­t bei Gleichstan­d das Los – hatten aber alle EU-Länder abgesegnet. Und es sollte verhindern, „dass sich die EU27-Staaten im Vorfeld der Abstimmung untereinan­der zerf leischen“, sagte Woschnagg. Denn kein Staat habe ahnen können, wie das Rennen in Runde eins ausgeht. Dafür hatten darauf hin die Abstimmung­spausen „eine Art Bazar-Charakter“, wie Schelling feststellt­e. Wer pakttreu war oder sich nicht an Absprachen gehalten hat, wird man nie erfahren: Die Stimmzette­l wurden nach der Auszählung vernichtet.

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