Zur Person: Julian Pölsler
dass die Stoffe mich aussuchen. Als Nächstes verfilme ich Christine Lavant, „Das Wechselbälgchen“– schon wieder so eine starke Frau. Aber danach kommt ein Mann: Robert Seethaler, „Ein ganzes Leben“, darauf freue ich mich. Ich war in Berlin und habe den Robert getroffen – ich bin so froh, endlich einen lebenden Schriftsteller zu haben, mit dem ich mich austauschen kann! Das können Sie mit Schirach auch.
Ja, das stimmt. Ich habe auch mit ihm geredet. Es war so: Ich habe Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger gesagt, dass ich gerne einmal Theater inszenieren möchte, weil ich so darunter leide, dass ich beim Film nicht wirklich intensiv mit den Schauspielern arbeiten kann. Kein Geld, daher keine Zeit.
Genau. Und dann kam ich mit der Idee, „Terror“, aber nur mit Frauen besetzt. Föttinger war begeistert, hat Lebenslauf aber gemeint, da müssen wir bei Schirach nachfragen. Also habe ich mich mit Schirach getroffen, und er war sofort begeistert. Und ich mache auch einen abweichenden Schluss. Mich interessiert die Schuldfrage nämlich weniger als die Frage, warum es überhaupt Terrorismus gibt. Da werden wir dann am Ende auch die Stimmen von Männern auf der Bühne hören. Arbeiten Sie lieber mit Frauen als mit Männern?
Nein. Ich liebe alle guten Schauspieler und ich hasse die schlechten ( Ich arbeite mit Männern auch gerne, etwa mit Erwin Steinhauer oder Peter Simonischek. Manche haben mich gewarnt und gesagt, du wirst einen Zickenkrieg bekommen – aber nicht im Entferntesten! Wir arbeiten hart und konzentriert. Mir geht es auch um kleine Details – etwa: Wann schreibt die Staatsanwältin mit, und wann nicht? Denn das bedeutet ja etwas. Werke Das ist Ihre erste Sprechtheater-Inszenierung. Warum hat das so lange gedauert?
Es hat mir offenbar keiner zugetraut – mit Ausnahme von Herbert Föttinger. Ich hoffe, ich kann jetzt öfter am Theater inszenieren, denn ich liebe die Arbeit mit den Schauspielern so. Ich bin ja auch bei Film und Fernsehen als Schauspieler-Regisseur verschrien. Meine Vorbilder sind Fellini, Bergmann, oder Axel Corti, bei dem ich Assistent war. Bei Corti war alles auf den Schauspieler ausgerichtet! Heute gibt es kein Geld für langes Arbeiten.
Ich habe immer heftige Diskussionen mit der Frau Programmdirektor des die ja tolle Arbeit macht. Ich sage ihr immer, du bist doch Herrin über Hunderte Millionen – gönne dir doch wenigstens EINE besondere Arbeit im Jahr, ein Herzstück! Am Ende des Stücks stimmt das Publikum über das Urteil ab.
Ich finde es beides. Ich fände es wichtig, wenn Menschen, falls sie mitentscheiden, wirklich eingebunden werden. Ich bin glühender Demokrat und glühender Europäer. Man kann an Demokratie und an Europa viel kritisieren, aber wir haben nur ein Europa und eine Regierungsform. Man müsste die Menschen mehr einbinden, ihnen klarer zeigen, was hinter Entscheidungen steht. Mehr Demokratie finde ich immer gut, aber bestimmte sensible Themen sollten ausgenommen sein. Und man müsste die Menschen vorher ausführlich informieren. Ich wäre ja auch dafür, ein eigenes europäisches Fernsehen einzuführen. Glauben Sie, die Angst vor Terrorismus verändert die Menschen?
Wie es im Stück heißt: Wir befinden uns im Krieg mit dem Terrorismus. Und ich glaube, das haben die Menschen noch gar nicht wirklich realisiert. Was ich aber ganz gefährlich finde: Terrorist und Flüchtling gleichzusetzen. Auf der anderen Seite verstehe ich, dass die Leute Angst bekommen, wenn, wie 2015, Zigtausende Menschen unkontrolliert ins Land kommen. Man muss da aber wirklich sehr genau trennen. Darum finde ich das Stück gut: Es geht mit dem Thema sehr, sehr differenziert um – und sensibilisiert die Menschen dafür.