Wenn Tiere in der Schule sind – und Politiker über Bezirksgrenzen schauen
Drei europäische Innovationsprojekte, von denen besonders die Kinder profitieren
Kennen Sie Täferrot? Nein? Dann sollten Sie es dringend kennenlernen.
Zumindest, wenn Sie sich für innovative Schulund Bildungspolitik interessieren.
Täferrot ist die einzige Gemeinde im deutschen Bundesland Baden-Württemberg, die eine kleine, von einer Familie betriebene Ganztagesschule vorweisen kann, an die ein eigener Bauernhof angeschlossen ist.
Die „Schulfarm“ist ein stetig wachsendes Projekt, das unter anderem bei den „Innovation in Politics Awards 2017“für Aufmerksamkeit sorgt. Die Awards werden in diesem Jahr zum ersten Mal vom „Innovation in Politics Institut“vergeben – und zwar in Wien.
Aber zurück zur Schulfarm: Hier bekommt das Wort „Unterrichtsmaterialien“eine völlig neue Dimension. Denn die ständige Gegenwart der Tiere beeinflusst Ausbildung und Entwicklung der Kinder ganz entscheidend.
Dass das Zusammentreffen mit Tieren insbesondere in urbanen Gebieten für Kinder mittlerweile eine Seltenheit geworden ist, muss dabei nicht extra erwähnt werden.
Auf der Schulfarm in Täferrot kümmern sich Studenten um die täglichen Stall- und Fütter-Arbeiten.
All das hat – zusammen mit der Einbindung verschiedener NGOs vor Ort – dazu geführt, dass die Schul-Farm die gesamte Gemeinde verändert hat und maßgeblich zum Gemeinschaftsleben beiträgt.
Nyköping oder: Der Trennung begegnen
Eigentlich war es eine vergleichsweise einfache Sache: Vor einigen Jahren entschied sich das schwedische Nyköping, seine insgesamt vier weiterführenden Schulen zu einer einzigen zusammenzuführen.
Der Grund dafür war der, dass man in Nyköping erkannt hatte, dass die jeweiligen Schulen ethnisch und auch sozial zu „Ghettos“wurden – es gab kaum noch gesellschaftliche Durchmischung.
2014 schließlich wurde die neue „Einheitsschule“eröffnet. Und in dieser, 1400 Schüler zählenden Ausbildungseinrichtung war es nun viel einfacher, die Stärken individuell zu fördern und an Schwächen zu arbeiten.
Der Erfolg der stärkeren Durchmischung lässt sich mittlerweile messen: Wa- ren zuvor, als die Schüler in den vier getrennten Schulen unterrichtet worden waren, nur 70 Prozent der Kinder reif dafür, weiterführende Bildungseinrichtungen zu besuchen, sind es nun voraussichtlich 90 Prozent. „Es dauerte zwei Jahre, bis die Skeptiker den neuen Weg unterstützten“, sagt Projekt-Verantwortliche Veronica Andersson. Aber nun gelingt das.
Über die Gemeindegrenzen denken
Mit mehr als 380.000 Einwohnern ist Croydon in Süd-London der größte Stadtbezirk der britischen Hauptstadt. 2013 wurde hier ein Programm entwickelt, das den Stadt-Bezirken mehr als vier Millionen Pfund an Ausgaben erspart und eine errechnete Kapital-Rendite von 1700 % (!) gebracht hat.
Was war geschehen? In Croydon verzichtet man bei der Förderung von Kindern mit besonderem pädagogischen Förderbedarf darauf, alles im eigenen Bezirk zu regeln und schließt sich nun mit anderen Stadt-Bezirken zusammen.
Durch diesen viel größeren Einzugsbereich können die Kosten für die Unterstützung der Kinder gesenkt, die Ergebnisse aber verbessert werden. Hinzu kommt, dass später anfallende Kosten für die Unterstützung dieser Menschen
(schlecht geförderte Kinder werden zu schwer vermittelbaren Erwachsenen, etc.)
deutlich gesenkt werden konnten. Mittlerweile haben die Stadtbezirke ein System aufgezogen, dass Qualität und Kosten transparent steuert, und von dem vor allem eine Gruppe profitiert, nämlich: Kinder mit besonderem Förderbedarf. Lesen Sie morgen: Umweltund Technologie-Projekte, die europaweit für Furore sorgen
„Zu Beginn war die Skepsis groß. Aber nach zwei Jahren wurden die neuen Pläne unterstützt.“Veronica Andersson Projektverantwortliche Nyköping