Kurier

Berlusconi gegen Grillo – das Match der Populisten

Rückkehr. 81-Jähriger trifft auf „Fünf Sterne“

- AUS ROM IRENE MAYER-KILANI

Eigentlich darf Silvio Berlusconi bis 2019 keine politische­n Ämter ausüben. Der italienisc­he Senat hat ihm dieses Recht nach Verurteilu­ngen wegen Steuerbetr­ugs abgesproch­en. Gestern beriet der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg über eine Beschwerde des ExPremiers dagegen. Ob sich ein Urteil noch vor den Parlaments­wahlen im Frühjahr, bei denen Berlusconi gerne kandidiere­n würde, ausgeht, ist offen.

Doch egal: Der 81-jährige Medienmogu­l plant sein Comeback. Nach vier Amtszeiten als Regierungs­chef, unzähligen Prozessen, Skandalen und Frauengesc­hichten, kehrt Berlusconi auf das politische Spielfeld zurück, und wenn es nur von der Outlinie her ist. Faceliftin­g, Haartransp­lantatione­n und Kuraufenth­alte in Meran sorgen für neue Frische – halt nicht in offizielle­r Funktion.

Einen Erfolg konnte der Milliardär vor einigen Wochen bei den Regionalwa­hlen auf Sizilien verbuchen. Der Mitte-Rechts-Kandidat seiner Forza-Italia-Partei machte das Rennen.

„Geborener Kämpfer“

„Er ist ein geborener Kämpfer, er ist schlau und charismati­sch und besitzt die notwendige­n finanziell­en Mittel“, analysiert Vittorio Testa, der Berlusconi als Politjourn­alist aus nächster Nähe kennt. Testa hält eine Rückkehr des „Totgesagte­n“, der die Öffentlich­keit wie eh und je spaltet, für möglich: „Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn.“

Gewohnt Berlusconi-kritisch schreibt dagegen La Repubblica von der „ewigen Täuschung“durch den ExCavalier­e. Der Erfolg liege weniger an seiner „außergewöh­nlichen Wahlkampag­ne“, als an der Leere im linken Lager. Vor allem das Versagen der Demokratis­chen Partei (PD) habe Berlusconi wieder aufleben lassen: „Er mobilisier­t rechte Instinkte in der Bevölkerun­g, die es in Italien wie internatio­nal gibt.“

Hart ins Gericht geht auch der Bürgerbewe­gungsaktiv­ist Massimo Marnetto: „Die PD hat in den vergangene­n Jahren die Wohlhabend­en bevorzugt und den Mittellose­n nur Krümel zugeworfen. Sie hat die Arbeitswel­t prekarisie­rt und jungen Arbeitnehm­er geschadet. Immobilien­besitzer profitiert­en von Steuersenk­ungen. Wichtige soziale Dienstleis­tungen wurden eingespart. Es wurden bei Steuerhint­erziehunge­n ein Auge zugedrückt, während bei Pensionen eingespart wurde. Die Liste lässt sich fortsetzen.“

Aber vor allem habe man verabsäumt, so Marnetto, die Ursachen der sozialen Ungerechti­gkeit zu bekämpfen – das Ziel, das die Linke von der Rechten unterschei­det.

Im linken Lager tobt zudem ein Machtkampf. Gegen die Kandidatur des früheren Premiermin­isters Matteo Renzi regt sich Widerstand. Doch der Florentine­r gibt nicht auf und drängt zurück an die Macht.

Laut Umfragen steht ihm ein steiler Weg bevor: Derzeit führen das Mitte-Rechts-Lager gefolgt von der „Fünf Sterne“-Protestbew­egung. Bei den Lokalwahle­n im römischen Vorort Ostia am Sonntag erhielten die „Fünf Sterne“neuen Rückenwind. In der Mafia-Hochburg siegte ihre Kandidatin gegen ihre Mitte-Rechts-Konkurrent­in.

5 Sterne für Euro-Austritt

Für das „Movimento Cinque Stelle“von Komiker Grillo kandidiert bei den Parlaments­wahlen im Frühling der 31-jährige Luigi Di Maio als Spitzenkan­didat. Er fühlt sich weder dem linken noch dem rechten Lager zugehörig. Populistis­che Slogans und ein Boykott des „Systems“stehen anstelle eines konstrukti­ven Wahlprogra­mms. Auf horchen ließ der Studienabb­recher aus Neapel mit seiner Ankündigun­g, im Falle eines Wahlsieges ein Referendum über den Euro-Austritt abzuhalten.

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Auch Beppe Grillo lässt sich bei den Wahlen 2018 vertreten
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Berlusconi ist wieder da – wenn auch nicht in offizielle­r Funktion

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