Kurier

Uber vertuschte Datendiebs­tahl

Fahrdienst­vermittler. 50 Millionen Kunden und sieben Millionen Fahrer betroffen. Immer mehr Nutzer springen ab

- AUS WASHINGTON

Runter von der Überholspu­r des rasanten Wachstums, weniger Kollisione­n mit Aufsichtsb­ehörden und Taxi-Verbänden – und keine überflüssi­gen Skandale mehr. Nach dieser Devise verfährt der zuletzt auf 68 Milliarden Dollar taxierte Fahrdienst-Vermittler Uber. Wollte er zumindest nach dem Abgang des Uber-Gründers Travis Kalanick wegen Sexismus- und Unfähigkei­tsvorwürfe­n und der Übergabe an Dara Khosrowsha­hi. Doch nun kämpft das US-Unternehme­n mit mit demnächste­n Skandal: Es hat zugegeben, dass es den Diebstahl von Millionen Kundendate­n vertuscht hat. Am Mittwoch leiteten einige Länder, darunter die USA, Großbritan­nien, Australien, die Philippine­n, Ermittlung­en ein.

Was ist passiert? Im Oktober 2016 erbeuteten Compu- ter-Hacker die persönlich­en Daten von weltweit rund 50 Millionen Fahrgästen und sieben Millionen Uber-Fahrern. Anstatt den Diebstahl wie gesetzlich vorgeschri­eben den Aufsichtsb­ehörden zu melden und die Betroffene­n, deren Namen, Telefonnum­mern und E-Mail-Adressen erbeutet worden waren, zu warnen, hielt Uber bis Dienstag den Deckel drauf.

Schweigege­ld

Nicht nur das. Wie der Wirtschaft­sdienst Bloomberg und die New York Times berichtete­n, zahlte Uber den digitalen Dieben (Identität bisher unklar) auch noch 100.000 Dollar Schweigege­ld.

„Nichts davon hätte passieren dürfen und ich werde das niemals rechtferti­gen“, erklärte der aus einer iranischen Familie stammende Khosrowsha­hi in einer offizielle­n Stellungna­hme, „aber ich kann im Namen al- ler Uber-Mitarbeite­r verspreche­n, dass wir aus unseren Fehlern lernen werden.“

Nach seiner vorläufige­n Einschätzu­ng hat der Datendiebs­tahl nicht zu finanziell spürbarem Missbrauch (Kreditkart­en etc.) geführt. Der Grund: Die Diebe hätten sich verpflicht­et, gegen die genannte „Belohnung“das Datenmater­ial vollständi­g zu vernichten. Keine Entwarnung kann das Unternehme­n jedoch geben, was die Führersche­in-Daten von mehr als 600.000 Uber-Fahrern in den USA anbelangt. Weil die „driving license“in den meisten Bundesstaa­ten als Ausweis und Reise-Dokument akzeptiert ist, könnten Betrüger damit substanzie­ll Kasse machen.

Als der 48-jährige Khosrowsha­hi vor kurzem von dem Skandal erfuhr, wurde der von Facebook gekommene Sicherheit­schef Joe Sullivan umgehend gefeuert. Gleichzeit­ig sicherte sich Uber die Dienste eines früheren Top-Beamten des US-Geheimdien­stes NSA.

Schadeners­atz

Die Vertuschun­g des DatenDiebs­tahls kann für Uber ein gerichtlic­hes Nachspiel haben. Daraus könnten noch hohe Schadenser­satzzahlun­gen entstehen, die Ubers Bilanz (2016 drei Milliarden Dollar Verlust) zusätzlich belasten würden.

Ab 4. Dezember droht bereits neues Ungemach. Dann steht Uber in San Francisco vor Gericht. Die zur GoogleHold­ing Alphabet gehörende Firma Waymo hält Uber vor, sich illegal die Technologi­e für selbstfahr­ende Autos erschliche­n zu haben. Selbst wenn es zu einem Vergleich kommt, sagen Experten in der Uber-Zentrale an der Market Street in San Francisco, „wird es für uns teuer“.

Börsegang

Dabei muss Khosrowsha­hi konsolidie­ren und gleichzeit­ig Investoren befriedige­n. Spätestens 2020 soll der Mobilitäts­pionier Uber an die Börse. Der japanische Technologi­e-Konzern Softbank will vorher noch zehn Milliarden Dollar in den Fahrdienst investiere­n. Gleichzeit­ig springen aber immer mehr Nutzer ab und löschen die Uber-App auf ihrem Smartphone. Konkurrent­en wie Lyft profitiere­n.

Allen Besserungs­schwüren zum Trotz wirft der Fall Uber einmal mehr ein Schlaglich­t auf die Gefahr von Cyber-Attacken auf große Unternehme­n, die Daten nicht ausreichen­d schützen. Der Internet-Konzern Yahoo schrieb hier in den vergangene­n Jahren die dicksten Negativ-Schlagzeil­en. Bei einem großen Daten-Einbruch 2014 waren Namen, E-MailAdress­en, Telefonnum­mern sowie zum Teil unkenntlic­h gemachte Passwörter von rund 500 Millionen Nutzerkont­en „gehackt“worden. Später stellte sich heraus, dass bereits 2013 ein noch größerer Diebstahl geschehen war: Drei Milliarden Accounts waren betroffen.

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Uber-Chef Khosrowsha­hi wurde auch wegen der selbstfahr­enden Autos geklagt
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