Gulliver’s hat ein Riesenproblem
Betrugsverdacht. Ermittlungen sind abgeschlossen, Ex-Reisebüroinhaber bestreiten Vorwürfe
Fidschi Inseln, Dubai oder Amalfi-Küste – die ReisebüroGruppe Gulliver’s Reisen (18 Filialen) aus Himberg, NÖ, hatte sich auf luxuriöse Traumurlaube spezialisiert. Vor drei Jahren raste die Geschäftsführung um Carla und Helmut Maurerbauer ungebremst über die geschäftliche Landebahn hinaus – Totalabsturz.
In vier der sechs Insolvenzverfahren wurden 32,78 Millionen Euro Forderungen anerkannt, die Gläubigerquoten lagen zwischen 0,79 und 11,94 Prozent. Kurz nach dem Bankrott wurden die Assets an einen Mitbewerber verkauft.
Das ist nur die Seite der Medaille. Die Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt seit Sommer 2015 gegen die Maurerbauers und drei weitere Personen. Der Verdacht: Gläubigerschädigung, Bilanzfälschung, Veruntreuung, betrügerische Krida und schwerer Betrug. Strafdrohung: bis zu zehn Jahre Haft. Die Vorwürfe werden bestritten.
Neben dem Gutachten des Sachverständigen Martin Geyer liegt auch der Abschlussbericht des Landeskriminalamts (LKA) NÖ vor. „Die Ermittlungen sind abgeschlossen, wir prüfen derzeit die Ergebnisse“, bestätigt Oberstaatsanwältin Ingrid Maschl-Clausen dem KURIER. Ob Anklage erhoben wird, soll in absehbarer Zeit entschieden werden.
Hohe Entnahmen
Aber der Reihe nach. Gutachter Geyer kommt zum Schluss, dass die Gruppe bereits Ende 2011 nicht mehr fähig war, die Schulden (14,98 Millionen Euro) zu tilgen. Spätestens zum 30. Juni 2012 soll die Zahlungsunfähigkeit für die Geschäftsführung subjektiv zu erkennen gewesen sein. Ab diesem Zeitpunkt bis zur Pleite hat die Gulliver’s Gruppe aber weitere 6,5 Millionen Euro Bankschulden angehäuft.
Laut Geyer sollen vor allem Entnahmen (2011 bis 2014) durch Carla Maurerbauer „mit der Leistungsfähigkeit der Unternehmen nicht in Einklang zu bringen“gewesen sein. Die „übermäßigen Entnahmen“(2011 bis 2014) durch die FirmenChefin beziffert er mit zumindest 939.898 Euro.
Außerdem soll sie 14 Markenrechte für 350.000 Euro an die Dachgesellschaft Premium Reiseholding verkauft haben und in diesem Ausmaß ihren Schuldenstand auf dem Firmen-Verrechnungskonto reduziert haben. „Ungeachtet der Veräußerung ist in der Mehrzahl der Fälle weiterhin von einer markenrechtlichen Inhaberschaft durch Carla Maurerbauer auszugehen“, hält der Experte fest.
16,25 Millionen Euro
Unterm Strich soll der Befriedigungsausfall für die Gläubiger laut Geyer insgesamt 16,25 Millionen Euro betragen. Auch die LKA-Ermittler nahmen sich Buchhaltung und Bilanzen vor. So soll im Juni 2014 eine EigenkapitalEinlage (175.000 Euro) bei der Firma Gulliver’s Reisecenter vorgetäuscht worden sein. „Das Geld wurde bewusst im Kreis geschickt“, wird im LKA-Abschlussbericht behauptet. Mit dieser Transaktion soll eine finanzierende Bank zur Ausweitung des Kontokreditrahmens veranlasst worden sein.
Die Liste der mutmaßlichen Ungereimtheiten ist lang. Zu detaillierten Vorwürfen will aber Carla Mauerbauer keine Angaben machen.
„Meine Mandantin sagt, dass sie alle Vorwürfe widerlegen kann. Sie hatte auch das technische Wissen nicht, die Buchhaltung zu manipulieren“, kontert Kristina Venturini, die Anwältin des Ehepaars. „Helmut Maurerbauer hatte mit der Buchhaltung und Bilanzierung gar nichts zu tun. Ich rechne in seinem Fall definitiv mit keiner Anklage.“