Fluch und Segen der Technologie
Smart City. Die technische Aufrüstung von Städten macht sie effizienter, aber auch angreifbarer
Wie kann man Technologie dazu nutzen, die Lebensqualität in Städten zu verbessern? Dieser Frage widmete sich die Smart City Expo, bei der sich Vertreter von Städten aus aller Welt, Fachbesucher und namhafte TechnologieUnternehmen in Barcelona eingefunden haben.
„Das Wichtigste dabei ist, dass Technologie-Unternehmen gemeinsam mit den jeweiligen Städten langfristige und nachhaltige Strategien entwickeln, von denen alle profitieren können“, sagt Martin Powell, der bei Siemens für das Thema Stadtentwicklung zuständig ist, im Gespräch mit dem KURIER. Denn unter den richtigen Vorzeichen können Städte wachsen und gleichzeitig auch nachhaltig sein, sind sich die Expo-Teilnehmer einig. Ansätze dafür gäbe es genug: Von energiesparender Stadtbeleuchtung und smarten Stromnetzen bis zur Steuerung des Autoverkehrs und intelligenten Parksystemen.
Zentral sei es, Daten zu erheben, zu analysieren und die entsprechende n Schlüsse abzuleiten. Eine Datenauswertung kann dazu genutzt werden, etwa den öffentlichen Verkehr effizienter zu organisieren. Allein mit den Datensätzen über Luftqualität, Verkehrsströme und Wettervorhersagen könnte die Stadt versuchen, den Verkehr kurzfristig so zu steuern, dass die Luftverschmutzung die Grenzwerte nicht überschreitet.
Sorge vor Blackouts
Durch die Vernetzung von Infrastruktureinheiten treten aber auch neue Herausforderungen ans Tageslicht. Was passiert etwa bei Datenlecks oder wenn Kriminelle die Steuerungssysteme von Städten kapern und lahmlegen? Großflächige Stromausfälle oder der Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrs würden zu chaotischen Zuständen führen. „Diese Frage muss bei der Implementierung von vernetzten Systemen eine zentrale Rolle einnehmen“, sagt Powell zum KURIER. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass dieses Risiko auf ein Minimum reduziert wird und genügend Ressourcen für die Absicherung der vernetzten Systeme aufgewandt werden.
Ein weiterer Ansatz sei, die smarten Systeme dezentral zu organisieren, damit im Falle eines Cyberangriffs nur Teile betroffen sein können. Kritiker befürchten, dass der Smart-City-Gedanke ein Feigenblatt für die Einführung von Überwachungstechnologien sei.
Auch der fehlende Datenschutz wird immer wieder bekrittelt. Außerdem würden wirtschaftliche Interessen der beteiligten Unternehmen im Vordergrund stehen und nicht die selbstbestimmte Technik-Nutzung durch die Bürger. Demnach wäre es wichtig, dass die Daten der Städte nicht nur den Technologiekonzernen zur Verfügung gestellt werden. Viel sinnvoller wäre es die Informationen als Open Data bereit zu stellen, also die freie Verfügbarkeit von öffentlichen Daten zu garantieren.
Zukunftssicher
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sei es essenziell, dass bei der Stadtplanung technologische Aspekte berücksichtigt werden, sagt Powell. Etwa durch selbstfahrende Fahrzeuge werde sich das Stadtbild wesentlich verändern. Auch zahlreiche Jobs würden vernichtet. Damit dies nicht zu einem drastischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen führt, müssten die Transport-Unternehmen bereits jetzt für diese Umwälzungen vorsorgen. Die Transporteure werden künftig eine riesige Flotte autonomer Fahrzeuge managen müssen. Für die weg-automatisierten Jobs würde dies eine Ausweichmöglichkeit darstellen. Damit die Smart-City-Konzepte umgesetzt werden können, muss aber der wichtigste Faktor mitspielen: der Mensch. Denn nur wenn sich auch so manches Verhalten ändert, können Städte nachhaltig wachsen.