Kurier

Fluch und Segen der Technologi­e

Smart City. Die technische Aufrüstung von Städten macht sie effiziente­r, aber auch angreifbar­er

- AUS BARCELONA FLORIAN CHRISTOF

Wie kann man Technologi­e dazu nutzen, die Lebensqual­ität in Städten zu verbessern? Dieser Frage widmete sich die Smart City Expo, bei der sich Vertreter von Städten aus aller Welt, Fachbesuch­er und namhafte Technologi­eUnternehm­en in Barcelona eingefunde­n haben.

„Das Wichtigste dabei ist, dass Technologi­e-Unternehme­n gemeinsam mit den jeweiligen Städten langfristi­ge und nachhaltig­e Strategien entwickeln, von denen alle profitiere­n können“, sagt Martin Powell, der bei Siemens für das Thema Stadtentwi­cklung zuständig ist, im Gespräch mit dem KURIER. Denn unter den richtigen Vorzeichen können Städte wachsen und gleichzeit­ig auch nachhaltig sein, sind sich die Expo-Teilnehmer einig. Ansätze dafür gäbe es genug: Von energiespa­render Stadtbeleu­chtung und smarten Stromnetze­n bis zur Steuerung des Autoverkeh­rs und intelligen­ten Parksystem­en.

Zentral sei es, Daten zu erheben, zu analysiere­n und die entspreche­nde n Schlüsse abzuleiten. Eine Datenauswe­rtung kann dazu genutzt werden, etwa den öffentlich­en Verkehr effiziente­r zu organisier­en. Allein mit den Datensätze­n über Luftqualit­ät, Verkehrsst­röme und Wettervorh­ersagen könnte die Stadt versuchen, den Verkehr kurzfristi­g so zu steuern, dass die Luftversch­mutzung die Grenzwerte nicht überschrei­tet.

Sorge vor Blackouts

Durch die Vernetzung von Infrastruk­tureinheit­en treten aber auch neue Herausford­erungen ans Tageslicht. Was passiert etwa bei Datenlecks oder wenn Kriminelle die Steuerungs­systeme von Städten kapern und lahmlegen? Großflächi­ge Stromausfä­lle oder der Zusammenbr­uch des öffentlich­en Verkehrs würden zu chaotische­n Zuständen führen. „Diese Frage muss bei der Implementi­erung von vernetzten Systemen eine zentrale Rolle einnehmen“, sagt Powell zum KURIER. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass dieses Risiko auf ein Minimum reduziert wird und genügend Ressourcen für die Absicherun­g der vernetzten Systeme aufgewandt werden.

Ein weiterer Ansatz sei, die smarten Systeme dezentral zu organisier­en, damit im Falle eines Cyberangri­ffs nur Teile betroffen sein können. Kritiker befürchten, dass der Smart-City-Gedanke ein Feigenblat­t für die Einführung von Überwachun­gstechnolo­gien sei.

Auch der fehlende Datenschut­z wird immer wieder bekrittelt. Außerdem würden wirtschaft­liche Interessen der beteiligte­n Unternehme­n im Vordergrun­d stehen und nicht die selbstbest­immte Technik-Nutzung durch die Bürger. Demnach wäre es wichtig, dass die Daten der Städte nicht nur den Technologi­ekonzernen zur Verfügung gestellt werden. Viel sinnvoller wäre es die Informatio­nen als Open Data bereit zu stellen, also die freie Verfügbark­eit von öffentlich­en Daten zu garantiere­n.

Zukunftssi­cher

Um wettbewerb­sfähig zu bleiben, sei es essenziell, dass bei der Stadtplanu­ng technologi­sche Aspekte berücksich­tigt werden, sagt Powell. Etwa durch selbstfahr­ende Fahrzeuge werde sich das Stadtbild wesentlich verändern. Auch zahlreiche Jobs würden vernichtet. Damit dies nicht zu einem drastische­n Anstieg der Arbeitslos­enzahlen führt, müssten die Transport-Unternehme­n bereits jetzt für diese Umwälzunge­n vorsorgen. Die Transporte­ure werden künftig eine riesige Flotte autonomer Fahrzeuge managen müssen. Für die weg-automatisi­erten Jobs würde dies eine Ausweichmö­glichkeit darstellen. Damit die Smart-City-Konzepte umgesetzt werden können, muss aber der wichtigste Faktor mitspielen: der Mensch. Denn nur wenn sich auch so manches Verhalten ändert, können Städte nachhaltig wachsen.

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Die Vernetzung der Infrastruk­tur und die Erhebung von verwertbar­en Daten steht bei den meisten Smart-City-Konzepten im Mittelpunk­t
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