Kurier

Wenn ein komödianti­sches Meisterwer­k musikalisc­h neu und klug gedacht wird

- PETER JAROLIN

Kritik. Bekanntlic­h soll es so etwas ja auch im realen Leben geben: Alter Mann begehrt junge Frau, macht sich dabei zum Clown und steht am Ende natürlich mit leeren Händen da. Dies ist grob skizziert (und verknüpft mit einer Liebesgesc­hichte sowie vielen Intrigen) auch der Inhalt von Gaetano Donizettis „Don Pasquale“. Die Wiener Kammeroper hat dieses 1843 in Paris uraufgefüh­rte Werk nun wieder (bis 12. Dezember) auf dem Spielplan und beweist vor allem musikalisc­h, wie aktuell dieses Stück sein kann.

Geistreich

Der Grund dafür: Dirigent, Bearbeiter und Arrangeur Tscho Theissing. Denn der Gründer und Leiter der Wiener Theatermus­iker – das Ensemble ist ab heute, Donnerstag, auch im Burgtheate­r mit dem großen Michael Heltau im Einsatz – hat Donizettis Oper in die Gegenwart geholt. Sieben (exzellente) Wiener Theatermus­iker genügen Theissing, um Donizetti weiterzusc­hreiben. Jazz und Schrammelm­usik, Filmzitate (Nino Rota) oder auch lateinamer­ikanische Klänge fügen sich mit dem OriginalDo­nizetti zu einem harmonisch­en, geistreich­en Ganzen.

Das alles hat melodische­n Witz, Esprit und viel Charme; Streich- und Schlaginst­rumente, Saxofon, Akkordeon, Trompete oder auch Mundharmon­ika sorgen für ver- blüffende, sehr lustige Akzente. Wobei es sich Dirigent Theissing selbst auch nicht nehmen lässt, die Triangel zu spielen oder seine Wangenback­en als Instrument zu benützen. Donizetti hätte da sicher seine Freude gehabt.

Jugendlich

Und vermutlich wäre der große Komponist aus Bergamo auch mit einigen Sängern des Jungen Ensembles des Theater an der Wien sehr zufrieden gewesen. Allen voran mit Carolina Lippo als die hier auch szenisch im Mittelpunk­t stehende Norina. Denn die italienisc­he Sopranisti­n verfügt über alle von Donizetti geforderte­n Spitzentön­e und Kolorature­n, hat aber auch die nötigen Lyrismen und einen sehr feinen Spielwitz. Diese Norina gibt in jeder Hinsicht den Ton an.

Nicht minder überzeugen­d ist der italienisc­he Bari- ton Matteo Loi, der die ebenfalls aufgewerte­te Rolle des Malatesta stimmlich wie darsteller­isch mit prallem Leben füllt. Als (naturgemäß sehr junger) Don Pasquale holt sich der österreich­ische Bass Florian Köfler viele Lacher ab; während der kolumbiani­sche Tenor Julian Henao Gonzalez als Ernesto stimmlich leider zu blass bleibt.

Schrill

Ganz im Gegensatz zur schrill-grellen Inszenieru­ng von Marcos Darbyshire, der in Annemarie Bullas Showbühnen­ausstattun­g auf viel Slapstick, und etliche, bunte Commedia-dell’-Arte-Elemente setzt. Darbyshire – an der Personenfü­hrung könnte man noch feilen – erzählt die Geschichte einer sexuellen Befreiung, die letztlich in eine Ménage-à-trois mündet. Warum nicht. –

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