Wenn ein komödiantisches Meisterwerk musikalisch neu und klug gedacht wird
Kritik. Bekanntlich soll es so etwas ja auch im realen Leben geben: Alter Mann begehrt junge Frau, macht sich dabei zum Clown und steht am Ende natürlich mit leeren Händen da. Dies ist grob skizziert (und verknüpft mit einer Liebesgeschichte sowie vielen Intrigen) auch der Inhalt von Gaetano Donizettis „Don Pasquale“. Die Wiener Kammeroper hat dieses 1843 in Paris uraufgeführte Werk nun wieder (bis 12. Dezember) auf dem Spielplan und beweist vor allem musikalisch, wie aktuell dieses Stück sein kann.
Geistreich
Der Grund dafür: Dirigent, Bearbeiter und Arrangeur Tscho Theissing. Denn der Gründer und Leiter der Wiener Theatermusiker – das Ensemble ist ab heute, Donnerstag, auch im Burgtheater mit dem großen Michael Heltau im Einsatz – hat Donizettis Oper in die Gegenwart geholt. Sieben (exzellente) Wiener Theatermusiker genügen Theissing, um Donizetti weiterzuschreiben. Jazz und Schrammelmusik, Filmzitate (Nino Rota) oder auch lateinamerikanische Klänge fügen sich mit dem OriginalDonizetti zu einem harmonischen, geistreichen Ganzen.
Das alles hat melodischen Witz, Esprit und viel Charme; Streich- und Schlaginstrumente, Saxofon, Akkordeon, Trompete oder auch Mundharmonika sorgen für ver- blüffende, sehr lustige Akzente. Wobei es sich Dirigent Theissing selbst auch nicht nehmen lässt, die Triangel zu spielen oder seine Wangenbacken als Instrument zu benützen. Donizetti hätte da sicher seine Freude gehabt.
Jugendlich
Und vermutlich wäre der große Komponist aus Bergamo auch mit einigen Sängern des Jungen Ensembles des Theater an der Wien sehr zufrieden gewesen. Allen voran mit Carolina Lippo als die hier auch szenisch im Mittelpunkt stehende Norina. Denn die italienische Sopranistin verfügt über alle von Donizetti geforderten Spitzentöne und Koloraturen, hat aber auch die nötigen Lyrismen und einen sehr feinen Spielwitz. Diese Norina gibt in jeder Hinsicht den Ton an.
Nicht minder überzeugend ist der italienische Bari- ton Matteo Loi, der die ebenfalls aufgewertete Rolle des Malatesta stimmlich wie darstellerisch mit prallem Leben füllt. Als (naturgemäß sehr junger) Don Pasquale holt sich der österreichische Bass Florian Köfler viele Lacher ab; während der kolumbianische Tenor Julian Henao Gonzalez als Ernesto stimmlich leider zu blass bleibt.
Schrill
Ganz im Gegensatz zur schrill-grellen Inszenierung von Marcos Darbyshire, der in Annemarie Bullas Showbühnenausstattung auf viel Slapstick, und etliche, bunte Commedia-dell’-Arte-Elemente setzt. Darbyshire – an der Personenführung könnte man noch feilen – erzählt die Geschichte einer sexuellen Befreiung, die letztlich in eine Ménage-à-trois mündet. Warum nicht. –