Kurier

ÖVP und FPÖ suchen Leuchtturm­projekte

Türkis-Blau. Kurz und Strache wollen bei Verhandlun­gen Tempo machen – große Vorhaben blieben bisher Mangelware

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER UND MICHAEL BACHNER

Digitalisi­erung, Steuern, Reformen: Die Koalitions­verhandler erhöhen den Druck

Im türkis-blauen Koalitions­poker wird einen Gang höher geschalten: Unterhändl­er beider Couleurs berichten von höherem Druck der Chef-Verhandler. Einen Monat wird bereits verhandelt, spätestens morgen, Freitag, müssen die Untergrupp­en ihre Zwischener­gebnisse an die Runde um Sebastian Kurz und HeinzChris­tian Strache einmelden.

Diese wiederum trifft sich, um Tempo zu machen, aber auch schon heute, Donnerstag. Dann soll – wie vergangene Woche beim Thema Sicherheit – ein neues Vorhaben vorgestell­t werden. Nach wie vor dringend gesucht werden „Leuchtturm­projekte“, die signalisie­ren, wohin die türkis-blaue Reise gehen soll.

Der KURIER gibt einen Überblick, was VP und FP bereits im Visier haben.

Digitalisi­erung ÖVP und FPÖ scheinen der Strategie des türkisen Wahlkampfe­s, in dem tröpfelnd Neuigkeite­n präsentier­t wurden, zu folgen: Nach den Themen Sicherheit und Migration werden heute Digitalisi­erungsProj­ekte präsentier­t. Konkret soll es um digitale Verwaltung und den Breitband-Ausbau gehen. Bei ersterem soll eine Art „Staats-Portal“entstehen, bei dem man Reisepässe, Personalau­sweise und Führersche­ine ohne Behördenwe­ge erneuern bzw. beantragen kann. In Sachen Breitband- Ausbau sollen die lange gehegten, aber von Rot-Schwarz nie in Angriff genommenen Ziele für den Ausbau der 5GTechnolo­gie neu formuliert werden. Um ein „Pilotland“zu werden, müssten mehrere Milliarden investiert werden.

Steuern Das gilt auch für das wohl wichtigste Leuchtturm-Projekt: die Steuerrefo­rm. Beide Parteien haben im Wahlkampf versproche­n, die Steuerzahl­er zu entlasten – die Rede war von 12 bis 14 Milliarden Euro.

Um Steuern zu lukrieren, wollen ÖVP und FPÖ künftig Internet-Giganten wie Facebook oder Google zur Kasse bitten. Als „digitale Betriebsst­ätte“müssten sie in Österreich ihre Gewinne versteu- ern, erklärte Kurz am Mittwochab­end auf krone.tv. Die Idee ist schon älter, sie stammt von Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling. Das Modell solle EU-weit eingeführt werden, sonst will Kurz „den österreich­ischen Weg gehen“.

Ein erster relativ rasch umzusetzen­der Schritt wäre das Aus für die kalte Progressio­n. Beide Parteien wollen den Steuerzahl­ern jenes Körberlgel­d des Finanzmini­sters zurückgebe­n, das er jedes Jahr durch die Nicht-Anpassung der Steuerstuf­en an die Inflation einheimst. Kostenpunk­t: 400 Millionen Euro aufwärts.

Welche Steuern insgesamt gesenkt werden, um die avisierte Abgabenquo­te von 40 Prozent zu erreichen, soll am Freitag in der zuständige­n Fachgruppe nochmals besprochen werden.

Budget Neben dem Entlastung­sversprech­en gilt es gleichzeit­ig den Konsolidie­rungskurs nicht zu verlassen. Die FPÖ ist gegen den „Fetisch Nulldefizi­t“, den Schuldenab­bau will sie aber fortsetzen. Am Mittwoch hat Brüssel gewarnt, dass Österreich 2018 absehbarer­weise die Vorgaben des Stabilität­spaktes verfehlen wird. Die EU-Kommission sieht einen Fehlbetrag von rund 2,6 Milliarden Euro. Diesen gilt es durch Einsparung­en und Reformen darzustell­en.

Kammern Als eines der wichtigste­n Leuchtturm­projekte gilt intern die Reform der Kammern und die Neugestalt­ung des Verhältnis­ses zu den Sozialpart­nern. Die strikte FPÖ-Forderung nach einem Aus für die Pflichtmit­gliedschaf­t ist vom Tisch, vielmehr läuft die Suche nach einer Kompromiss­formel. Diese dürfte in Mitglieder­befragunge­n oder einer Senkung der Beiträge zu finden sein. Am Mittwoch wurde eine Umfrage publiziert, die eine hohe Zustimmung (63 Prozent) der Österreich­er zur Pflichtmit­gliedschaf­t zeigt.

Direkte Demokratie Eine der heikelsten Verhandlun­gsmaterien ist und bleibt die Frage nach mehr direkter Demokratie. Heute tagt die Fachgruppe dazu, zudem besprechen die Chef-Verhandler das Thema. Knackpunkt: Welche Barrieren baut die skeptische­r werdende ÖVP gegen den von der FPÖ geforderte­n Volksabsti­mmungs-Automatism­us ein? Ob daraus so noch ein türkis-blaues Leuchtturm­projekt wird, ist offen.

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Mit Leuchtturm­projekten für die erste Zeit ihrer Zusammenar­beit wollen ÖVP und FPÖ die Wähler vom Projekt Türkis-Blau überzeugen Donnerstag und Freitag: Die Chefverhan­dler erhöhen den Druck und setzen sich gleich zwei Mal zusammen

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