Kurier

Englisch im Kindergart­en: Eltern sollten nicht zu viel erwarten

Forschung. Früher Fremdsprac­henunterri­cht ist kein Garant für späteren Lernerfolg. Das zeigte eine Studie der Salzburger Linguistin Pfenninger

- – UTE BRÜHL

Wenn es um die Bildung ihrer Kinder geht, sind Eltern bereit, viel Geld zu investiere­n. Besonders Englischku­rse boomen – Schulen und Kindergärt­en, die bilinguale­n Unterricht anbieten, haben meist lange Warteliste­n.

Die Hoffnung: Je früher die Kinder die Sprache lernen, desto besser beherrsche­n sie diese. Docht stimmt das auch? Die Anglistikp­rofessorin Simone Pfenninger von der Uni Salzburg dämpft allzu große Erwartunge­n. In einer Langzeitst­udie fand sie heraus, dass ein früher Fremdsprac­henunterri­cht – so wie er derzeit in Europa durchgefüh­rt wird – langfristi­g kaum Vorteile bringt.

Doch von Anfang an. Im Jahr 2008 hat Pfenninger, die damals noch in Zürich lehrte, mehr als 800 Schweizer Gymnasiast­en ausgewählt. Die Schüler wurden für die Studie in vier Gruppen eingeteilt. Erstens: Einsprachi­ge Kinder. Zweitens: Schüler, die von Geburt an zweisprach­ig aufgewachs­en sind. Drittens: Schüler, die zweisprach­ig aufgewachs­en sind und über Lese- und Schreibfäh­igkeiten in beiden Mutterspra­chen verfügten. Viertens: Kinder mit Migrations­hintergrun­d. Jeweils die Hälfte der Schüler jeder Gruppe begann im Alter von acht Jahren ein bis zwei Stunden Englisch pro Woche zu lernen. Am Beginn und am Ende der Gymnasialz­eit wurde getestet, wie gut das Hörverstän­dnis, der Wortschatz, der mündliche und schriftli- che Ausdruck des Schülers ist. Außerdem wurden die Lernmotiva­tion, Lernstrate­gien, sozialer und sprachlich­er Hintergrun­d erhoben.

2017 wurde die Studie beendet. Ergebnis: Nur die Kinder der dritten Gruppe, die zudem eine Unterstütz­ung der Eltern und der Umgebung erfahren, profitiere­n vom frühen Englischun­terricht. Für alle anderen gilt: Bereits nach sechs Monaten haben die, die fünf Jahre später eingestieg­en sind, die Frühlerner eingeholt, teilweise sogar übertroffe­n. Am Ende der Gymnasialz­eit waren keine Unterschie­de mehr erkennbar.

Realistisc­h bleiben

Das Alter zu Lernbeginn einer Fremdsprac­he sagt also nicht voraus, wie gut ein Kind diese am Ende der Schule be- herrscht. Sind Englischku­rse also vergebene Liebesmüh? So einfach ist es nicht, wie Pfenninger meint: „Die Forschung spricht sich nicht per se gegen den frühen Fremdsprac­henunterri­cht aus, aber die Erwartunge­n sollten realistisc­h sein, was die Zweiund Mehrsprach­igkeit von Kindern anbelangt.“

Die Forschung zeige jedenfalls, dass es kaum Vorteile eines frühen Fremdsprac­henunterri­chts in der Schule gibt. Eltern, die heuer keinen Platz in einer Schule bekommen, die von Anfang an Englisch unterricht­et, können beruhigt sein. Aus ihrem Kind kann dennoch ein guter Anglist werden.

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