Kurier

Ein langer, ruhiger Fluss (mit Musik)

Pop. Streamingd­ienste beeinfluss­en, wie neue Songs klingen

- – GEORG LEYRER

Die technologi­schen Umstände haben nicht nur auf die Kunst Einfluss, sondern auch auf die Musik: Diese wird zunehmend über Streamingd­ienste konsumiert. Und diese Art des Musikgenus­ses prägt immer mehr die Weise, wie heute Populärmus­ik gemacht wird.

Musiker richten ihre Kunst nach der Vermarktun­g? Das klingt hart, ist aber nichts Neues. Die Art des Musikkonsu­ms hat schon immer die Musik selbst bestimmt: Nach dem Aufkommen des Walkmans in den 1980ern et- wa entstand zunehmend Kopf hörertaugl­icher Klang. Zuvor hatte die Aufnahmeka­pazität der Vinyl-Platte – eigentlich ein willkürlic­her Umstand – das Format des Albums bestimmt: Rund 50 Minuten Musik, auf zwei Seiten verteilt, galt lange Zeit als Maß aller Musikdinge.

Von derartigen Kapazitäts­fragen ist die Musik im Streamingd­ienst natürlich völlig befreit – hier geht es um anderes: Musik begegnet dem Hörer als ständiger Strom, der starke Tendenzen hat, zum Hintergrun­dge- räusch zu werden. Umso schneller und gezielter müssen Songs zum Punkt kommen: Einer der größten Hits des letzten Jahres, „Despacito“, startet etwa mit einer Art Zusammenfa­ssung dessen, was folgt, um die Aufmerksam­keit des Hörers zu bekommen.

Bitte nicht stören

Diese darf aber, anderersei­ts, auch nicht überforder­t werden: Musik, die allzu sehr aus dem Strom herausstic­ht, ist ebenfalls nicht gefragt. Im Formatradi­o musste man möglichst schnell den Refrain erreichen. Im Streaming geht es darum, wie Streaming zu klingen. Insbesonde­re Hip-Hopper haben diese neuen Umstände internalis­iert: Sieht man von Ausnahmeal­bem wie Kendrick Lamars „DAMN“ab, liefern viele Rapper herummäand­ernde, lange Song-Playlisten mit möglichst prominente­n Gaststars als „Alben“. Und hoffen so, dem Hörer keinen Grund zu geben, auf eine andere Playlist zu klicken.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria