Kurier

Gefängnisw­ärter blockieren französisc­he Haftanstal­ten

Aufstand. Nach Attacken islamistis­cher Häftlinge

- – DANNY LEDER, PARIS

Brennende, aufgestape­lte Autoreifen, eng aneinander­gereihte, schreiende Wachebeamt­e in Zivilkluft und ihnen gegenüber Sondereinh­eiten der Gendarmeri­e – seit Montag werden die Eingänge von rund drei Viertel der französisc­hen Haftanstal­ten von aufgebrach­ten Gefängnisw­ärtern blockiert, die sich überforder­t und gefährdet fühlen. Sie fordern RisikoPräm­ien, mehr Personal und eine schnellere Isolierung islamistis­ch radikalisi­erter Häftlinge. Wobei am Dienstag der bisherige Höhepunkt erreicht wurde: Justizmini­sterin Nicole Belloubet, die zur Bestandsau­fnahme in das nordfranzö­sische Gefängnis Vendin-le-Vieil gekommen war, wurde am Verlassen der Haftanstal­t durch die protestier­enden Wachebeamt­en stundenlan­g gehindert.

Radikalisi­erung in Haft

In diesem Gefängnis hatte der Aufstand der Beamten seinen Ursprung genommen, ausgelöst durch den Gewaltakt eines deutsch-polnischen Islamisten, Christian Ganczarski (51). Dieser war mit einer Schere und einem Gitterstab, den er zuvor herausgesä­gt und spitz zugefeilt hatte, auf Wächter losgegange­n. Einer musste ins Spital. Ganczarski, der unter dem Namen „Abu Ibrahim“zur Führung der „Al Kaida“zählte, war Auftraggeb­er des Anschlags auf die Synagoge der tunesische­n Insel Djerba 2002, dem 21 Besucher zum Opfer fielen. Er saß in Frankreich eine 18-jährige Strafe ab und konnte etliche Mithäftlin­ge in seinen Bann ziehen.

Die protestier­enden Wachebeamt­en klagen, sie wären für den Umgang mit derartigen, extrem gewaltbere­iten und missionier­enden Radikal-Islamisten nicht gewappnet. Ihr Vorwurf im Fall Ganczarski: Der – inzwischen zurückgetr­etene – Anstaltsdi­rektor habe für den Dschihadis­ten, trotz Warnungen, zuletzt sogar Hafterleic­hterung angeordnet.

Seit Montag ist es in zwei weiteren Gefängniss­en zu Attacken auf Wachebeamt­e gekommen, wobei es sich bei den Angreifern jeweils um verurteilt­e Gewaltverb­recher handelte, die sich während ihrer Haft islamistis­ch radikalisi­ert hatten. Die annähernd 2000 radikalen Islamisten stellen zwar nur 2,3 Prozent der Häftlinge in Frankreich. Sie können aber eine gefährlich­e Rolle in Gefängniss­en spielen, von denen ein Teil noch besonders renovierun­gsbedürfti­g und überbelegt (bis zu drei Häftling pro Neun-Quadratmet­er-Zelle) ist. Obendrein haben Dschihadis­ten per Facebook die Namen von Wachebeamt­en veröffentl­icht, zu deren Ermordung sie aufrufen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria