Kurier

Die neuen Kommunen

Gemeinscha­ftliches und ökologisch­es Leben stehen beim Co-Housing im Fokus

- VON LISA RIEGER

Zu fünfzigst gemeinsam leben: Zuerst war da der Traum vom kollektive­n Wohnen. Der ließ sich aber gar nicht so einfach in die Realität umsetzen. Vorhandene Initiative­n trafen nicht den Nerv von Barbara Wörz und ihrem Ehemann. Dann begegneten sie aber einem anderen Paar, das auch ein Gemeinscha­ftswohnpro­jekt starten wollte. Das ist jetzt viereinhal­b Jahre her. Inzwischen sind sie zu fünfzigst. Und im März werden sie die Wohnungen in Pressbaum (Bezirk St. PöltenLand) beziehen.

Wie B.R.O.T. (begegnen – reden – offen sein – teilen) Pressbaum sind momentan einige Co-Housing-Projekte

(Gemeinscha­ft, die in privaten Wohnungen wohnt, die durch Gemeinscha­ft sein richtungen ergänzt

werden) im Entstehen. Gemeinscha­ftliches Leben und Umweltschu­tz stehen bei all diesen Initiative­n im Mittelpunk­t. Zusammen kochen, Car-Sharing, Lebensmitt­elEinkaufs gemeinscha­ften, generation­sübergreif­end es Leben und landwirtsc­haftlicher Anbau sind ein paar der we- sentlichen Punkte. Neben vielen Gemeinscha­ftsflächen werden aber auch individuel­le Wohnräume als Rückzugsor­te als wichtig angesehen. Allen ist aber gleichzeit­ig wichtig, zu betonen: „Wir sind keine Sekte.“

Planung

Die Planung ist das A und O. Bei B.R.O.T. gibt es mehrere Arbeitsgru­ppen, die sich um Themen wie Recht, Finanzen oder das Miteinande­r kümmern. In Vollversam­mlungen werden die Entscheidu­ngen gemeinsam getroffen. „Das kann schon mal acht Stunden dauern“, sagt Wörz. Die Prozesse seien teilweise anstrengen­d. „Man lernt dabei unheimlich viel. Ich nenne es gerne Lebensschu­le“, sagt die 46-Jährige. „Es gilt, einen Mittelweg zwischen individuel­len Wünschen und den Bedürfniss­en der gesamten Gemeinscha­ft zu finden. Manchmal muss man als Individuum auch zwei Schritte zurücktret­en“, ist sie überzeugt. Pläne, Überlegung­en und Wünsche sind eine Sache. Doch wie funktionie­ren sie in der Realität?

Das Lebensgut Miteinande­r in Rohrbach (Bezirk Lili- enfeld) ist da noch einige Schritte weiter. In einem Kloster aus dem Jahr 1930 wurde vor ein paar Jahren ein „Eco Village“gegründet. „Neun von zehn Projekten schaffen es nicht. Es braucht Menschen, die wirklich dahinterst­ehen und den Schritt wagen“, erklärt Tom Vogel, einer der Gründer.

Er ist stolz darauf, was sie gemeinsam geschafft haben: 17 Erwachsene und fünf Kinder leben derzeit gemeinsam. Es gibt eine Kindertage­sbetreuung, eine therapeuti­sche Gemeinscha­ftspraxis, eine biologisch­e Ge- müselandwi­rtschaft und ein Seminar- und Veranstalt­ungszentru­m. Die Vorbereitu­ngen auf eine Tagesbetre­uung für ältere Menschen sind in der Zielgerade­n.

Wichtig ist ihnen dabei, dass sie nicht abgeschott­et leben, sondern offen für die umliegende Region sind. „Wir haben hier auch Arbeitsplä­tze geschaffen und achten auf den ständigen Austausch mit unseren Mitmensche­n rundherum.“

Konflikte

Was er sich zu Beginn einfacher vorgestell­t hat, ist, die passenden Menschen fürs Projekt zu finden. „Der Auswahlpro­zess ist sehr wichtig. Es haben sich bisher rund 400 Interessen­ten gemeldet. Aber nur ein Bruchteil kommt wirklich infrage“, erklärt Vogel. Die Bewohner sind Ärzte, Pädagogen, Gärtner, Krankensch­western und ITExperten.

Die Frage der Organisati­on ist laut Vogel enorm wichtig – auch wie man mit Konflikten umgeht. „Da sind wir noch mittendrin, die beste Lösung zu finden“, sagt er und lacht.

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 ??  ?? Das Anwesen vom Lebensgut Miteinande­r ist 16 Hektar groß. Auf einem halben Hektar werden mehrere Gemüsesort­en angebaut, die gemeinsam verkocht und an die Bewohner verteilt werden
Das Anwesen vom Lebensgut Miteinande­r ist 16 Hektar groß. Auf einem halben Hektar werden mehrere Gemüsesort­en angebaut, die gemeinsam verkocht und an die Bewohner verteilt werden

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