Wien unter gefährdetsten Kulturerbestätten
Denkmalschutzorganisation „Europa Nostra“sieht historisches Zentrum Wiens bedroht
„Europa Nostra“erhöht den Druck auf Wien. Die Denkmalschutzorganisation mit Sitz in Den Haag hat das historische Zentrum von Wien auf die Shortlist für „die sieben am meisten gefährdeten Stätten“(„7 Most Endangered“-Programm) gesetzt.
Die Nominierungsliste umfasst zwölf europäische Kulturstätten, die finale Liste wird am 15. März bekannt gegeben. Neben Wien sind etwa der Palazzo Sammezzano in der Toskana (Italien), das Kloster und die Eremitage von Gareji (Georgien) oder die Eisfabrik Gromby (Vereinigtes Königreich) aufgenommen worden.
Ausgewählt wurden die Objekte und Stätten aufgrund „ihrer außerordentlichen Bedeutung für das kulturelle Erbe“und weil sie ak- tuell einer „drohenden Gefährdung“unterliegen würden. Das Programm ist als Handlungsaufforderung zu versehen, erklärt „Europa Nostra“-Präsident: „Wir rufen die öffentlichen und privaten Akteure auf, gemeinsame Anstrengungen zur Rettung dieser Kulturschätze zu unternehmen.“
Rote Liste
Dazu wurde die Republik Österreich von der UNESCO bereits im Juli 2017 aufgefordert. Wie berichtet, ist das historische Zentrum von Wien bei der Sommerkonferenz in Krakau auf die rote Liste der UN-Kulturorganisation gesetzt worden. Die UNESCO stößt sich an der Höhe und Kubatur des Bauprojekts am Heumarkt. Vor allem der 66 Meter hohe Turm würde das Gesamtensemble maßgeblich beeinträchtigen. Schon zu Beginn der Planungen am Heumarkt habe die UNESCO deutlich gemacht, dass ein neues Projekt die aktuelle Höhe des Hotel Intercontinental (43 Meter) an dieser Stelle nicht überragend dürfe.
Trotz Verwarnungen der UN-Organisation und Proteste der heimischen Stadtbildund Denkmalschützer hat im Juni 2017 eine Mehrheit im Wiener Gemeinderat den Flächenwidmungsplan abgesegnet und damit das Bauprojekt auf Schiene gebracht. Im Dezember hat die Volksanwaltschaft einen detaillierten Prüf bericht präsentiert, in dem sie die Stadt für ihr Verhalten in der Causa Heumarkt scharf kritisiert.
Bis 1. Februar ist der Vertragspartner – die Republik Österreich – nun aufgefordert, die alljährliche Stellungnahme an die UNESCO abzugeben und darin ein Update in der Causa Heumarkt einzuarbeiten.
Wird am aktuellen Stand festgehalten, könnte Wien bei der Konferenz Ende Juni in Bahrain seinen UNESCOTitel endgültig verlieren.
Geschützte Dokumente
Indes überreichte die UNESCO-Austria-Vorsitzende Gabriele Eschig am Montag zwei neue Urkunden. Archivalien aus dem Technischen Museum und aus der Österreichischen Nationalbibliothek wurden ins UNESCO-Weltdokumentenregister aufgenommen. Aus dem Museum die historischen Dokumente zum Bau der Semmeringbahn, aus der Bibliothek der mehr als 20.000 Seiten dicke Nachlass von Ludwig Wittgenstein.