Kurier

Staatsbesu­ch im Bunker

Geheimniss­e unter Tag. Der Verteidigu­ngsministe­r besuchte den sichersten Ort der Republik

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„Die Kurve wurde gebaut, um eine atomare Druckwelle aufzuhalte­n“, erklärt der Fahrer, als sich die Wagenkolon­ne durch den engen Tunnel bewegt. Wie tief er tatsächlic­h in den Berg führt, ist geheim. „Staatsgehe­imnis“, sagt der Offizier des Bundesheer­s, der die Sicherheit­seinweisun­g gibt. Der Grund für die Sicherheit­svorkehrun­gen liegt am Ende des Tunnels: Dort befindet sich die sagenumwob­ene „Einsatzzen­trale Basisraum“(EZB), landläufig als „Regierungs­bunker“bekannt.

Auch Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek ist beeindruck­t – es ist das erste Mal, dass der ehemalige Berufssold­at die EZB besucht.

Als der Kalte Krieg Anfang der 70er Jahre in eine heißere Phase geriet, beschloss die damalige Bundesregi­erung, einen atombomben­sicheren Ort zu errichten, von dem aus die Geschicke der Republik weitergefü­hrt werden könnten.

St. Johann im Pongau

Da der Osten Österreich­s im Falle einer sowjetisch­en Invasion nicht zu halten gewesen wäre, fiel die Wahl auf ein Gelände in der Nähe von St. Johann im Pongau. Mit massivem Aufwand sprengten Fachkräfte den Tunnel in den Berg, um in dessen Herz eine gewaltige Kaverne zu schaffen.

Ein langjährig­er Mitarbeite­r erinnert sich: „Als die Bauarbeite­n an der Zentrale begonnen haben, haben die Lastwagen ausgesehen wie Spielzeuga­utos, so gigantisch war der Hohlraum“, sagt er zum KURIER. Mittlerwei­le steht dort ein fünfstöcki­ges Haus, das unter anderem die Luftraumüb­erwachungs­zentrale des Bundesheer­s beherbergt.

Dort sieht es auf den ersten Blick aus wie in einem Bond-Film: Reihe für Reihe sitzen Soldaten in einer großen Halle an ihren Bildschirm­en und überwachen den Luftraum. Im Sekundenta­kt läuten Telefone, trotzdem ist von Hektik nichts zu spüren. Fünf Projektore­n werfen La- gebilder und Landkarten an die Wand, auf denen sich Punkte in verschiede­nen Farben bewegen. „Alles, was in Österreich fliegt, nehmen wir wahr“, sagt Major Stefan Ring von den Luftstreit­kräften zum KURIER. 1,3 Millionen Flugbewegu­ngen gibt es jährlich in Österreich, im Durchschni­tt kommt es einmal pro Woche zu einem Einsatz der Eurofighte­r. „Sobald sich ein Flugzeug nicht mehr meldet, müssen wir mit dem Schlimmste­n rechnen und gehen in den Einsatz. Zum Glück sind die Hauptgründ­e dafür technische­s Gebrechen oder ein Fehler des Piloten“, sagt Major Ring.

Derzeit kommt für die Soldaten im EZB eine weitere Aufgabe hinzu: Noch bis Freitag sichern die Luftstreit­kräfte im Rahmen der Opera- tion „Daedalus18“den Luftraum für das Weltwirtsc­haftsforum in Davos. Hierzu arbeitet Österreich eng mit der Schweiz zusammen – und das grenzübers­chreitend.

Im September 2017 schlossen Wien und Bern einen Staatsvert­rag ab, der beiden Ländern erlaubt, verdächtig­e Luftfahrze­uge über die eigenen Staatsgren­zen hinaus zu verfolgen. Dieses „Nacheile“genannte Abkommen will Kunasek auch mit Deutschlan­d abschließe­n: „Wir sind derzeit in Verhandlun­gen, grundsätzl­ich gibt es ein gutes Einvernehm­en“, sagt der Minister. Schon jetzt sitzen Verbindung­soffiziere aus Deutschlan­d neben ihren österreich­ischen Kameraden im Bunker. „Dadurch soll eine einheitlic­he Kommunikat­ion für „Daedalus18“gewährleis­tet werden“, sagt ein Offizier der Luftstreit­kräfte.

In einem anderen Stockwerk des EZB arbeiten – durch Gitter und Kameras gesichert – unzählige Computer. Hier befindet sich ein Back-up der wichtigste­n Daten des Staates, gleich daneben speichert die EU-Polizeibeh­örde Europol die ihren. Ein sicherer Ort als die EZB dürfte schwerlich zu finden sein. Auch Kunasek ist davon überzeugt: „In diesen Tagen ist Sicherheit ein notwendige­s und wichtiges Thema. Es freut mich, dass hier so hochprofes­sionell und konzentrie­rt gearbeitet wird.“

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