Kurier

Türkei will Offensive ausweiten

Syrien. Erdoğan will kurdische „Spielchen durchkreuz­en“; Konferenz in Wien überschatt­et Haftstrafe gegen Ex-Präsidente­n Lula da Silva wurde bestätigt

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Der Olivenzwei­g ist das Symbol für Frieden. Die türkische „Operation Olivenzwei­g“hingegen verheißt nur Krieg: Seit Samstag werden Stellungen kurdischer Einheiten im Norden Syriens bombardier­t, am Sonntag folgte eine Bodenoffen­sive. Bilanz bis gestern Nachmittag: 260 tote Kurdenmili­zionäre (Armeeangab­en); mindestens zwei Dutzend tote Zivilisten in der Region Afrin (laut „Syrischer Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte“); mehr als 6000 Menschen, die aus der kurdischen Enklave in umliegende Dörfer oder nach Aleppo geflüchtet sind (laut UNO); und humanitäre Helfer sind besorgt über das Schicksal von rund 324.000 Menschen in der Region.

Die Offensive dürfte länger dauern. Der türkische Präsident Recep Tayyip drohte der syrischen Kurdenmili­z YPG mit unverminde­rter Härte. Die Türkei werde „die Spielchen an ihrer Grenze durchkreuz­en“, sagte er Mittwoch in Ankara. Kurz darauf schlug eine Rakete aus der kurdischen Enklave in der Südtürkei ein – ein Toter, 13 Verletzte.

Die Lage ist hochbrisan­t: Dominiert wird die Region von der kurdischen Partei der Demokratis­chen Union (PYD) und ihrem militärisc­hen Arm YPG. Die USA unterstütz­en die YPG seit Jahren mit Waffen im Kampf gegen den „Islamische­n Staat“(IS). Dies stößt in der Türkei auf scharfe Kritik, weil sie die YPG als syrischen Zweig der verbotenen Arbeiterpa­rtei Kurdistans (PKK) betrachtet.

Die USA sind im Dilemma: Einerseits schätzen sie die YPG als Verbündete­n gegen den IS, anderersei­ts können sie die Sicherheit­sbedenken ihres NATO-Partners nicht ignorieren. Schon droht der türkische Außenminis­ter Cavusoglu, dass die Armee den Euphrat überschrei­ten, weitere Kurdengebi­ete einnehmen könnte. Dort haben die USA 2000 Spezialkrä­fte stationier­t. USPräsiden­t Trump forderte Erdoğan telefonisc­h auf, jegliche Aktionen zu unterlasse­n, durch die es zu einem direkten Konflikt mit US-Soldaten kommen könnte

Kneissl in Istanbul

Der Konflikt wird auch Teil der Gespräche sein, die Österreich­s Außenminis­terin Karin Kneissl heute mit Amtskolleg­en Çavuşoğlu in Istanbul führt. Und er überschatt­et die für heute und morgen geplanten Syrien-Gespräche in Wien. Kneissl und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz trafen gestern Staffan di Mistura, den UNOSyrien-Beauftragt­en. Er leitet die üblicherwe­ise in Genf geführten Gespräche von Vertretern der syrischen Regierung und Opposition. Große Bewegung wird angesichts der in den letzten Monaten gestärkten Position des Assad-Regimes nicht erwartet. Schuldig. Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (72) droht statt des geplanten politische­n Comebacks eine sehr lange Haftstrafe wegen Korruption und Geldwäsche. Nachdem die ersten beiden von drei Richtern am Mittwoch am Berufungsg­ericht in Porto Alegre Lula für schuldig befanden, war klar, dass es eine Mehrheit für eine Verurteilu­ng und Bestätigun­g des Urteils der ersten Instanz gibt.

Unklar war zunächst die Höhe des Strafmaßes, da sich die drei Richter darüber gemeinsam einigen müssen. In erster Instanz war Lula zu neuneinhal­b Jahren verurteilt worden, die beiden Richter gestern votierten für eine Erhöhung auf 12 Jahre und einen Monat Haft.

Lula hatte das Land von 2003 bis 2010 regiert. Der 72-Jährige soll dem brasiliani­schen Baukonzern Odebrecht, der in ganz Lateinamer­ika Spitzenpol­itiker schmierte, zu Großaufträ­gen in anderen Ländern verholfen haben. Bisher ist er auf freiem Fuß – dies soll er auch bis zur möglichen weiteren Berufung bleiben. Lula sieht ein politische­s Urteil: Er wollte im Herbst bei den Präsidente­nwahlen antreten, alle Umfragen sähen ihn als Sieger.

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