Kurier

Türkische Autorin „alarmiert“über „Dschihad“Erdoğans

Syrien-Einmarsch. Asli Erdoğan über einen noch nie da gewesenen Nationalis­mus in ihrer Heimat und das Ende des Kemalismus

- Präsident) laizistisc­hen Lagers)“, (des – WALTER FRIEDL

Dem Land, in das sie geboren wurde, musste sie längst den Rücken kehren. Angeklagt wegen einer Art Hochverrat (Zerstörung der Einheit des Staates) sowie Mitgliedsc­haft in einer Terrorvere­inigung, droht der Autorin Elsi Erdoğan in der Türkei lebenslang­e Haft. Von Deutschlan­d aus verfolgt sie die jüngste Eskalation im Syrien-Krieg nach der Invasion und dem Vorrücken türkischer Truppen gegen die dortige Kurdenmili­z YPG – und ist erschütter­t.

„( Erdoğan macht dies bloß aus einem Grund: Um seine Macht zu festigen. Und die Rechnung geht auf. Die ganze Nation steht plötzlich hinter ihm. Sogar Intellektu­elle, Künstler und Wirtschaft­streibende ,beklat- schen’ in den Sozialen Medien die ,glorreiche Armee’. Das ist das Ende des Kemalismus

sagt die 50Jährige im KURIER-Telefonat.

„Angst um Heimat“

Dem Staatschef sei es gelungen einen noch nie da gewesenen Nationalis­mus zu entfachen und das mit einem religiösen Überbau: „Dieser Dschihad ist alarmieren­d. Ich habe Angst um meine Heimat und meine Landsleute.“In den Moscheen würden die Menschen beten für einen erfolgreic­hen Feldzug, auf den Straßen dafür mit Fahnen und dem Koran in der Hand marschiere­n. „Ich kann diese türkische Mentalität einfach nicht mehr verstehen“, zeigt sich Asli Erdoğan fassungslo­s.

Ihr Namensvett­er im Präsidente­npalast sehe seit dem gescheiter­ten Putsch im Juli 2016 eine ständige Gefahr, „vom Thron“gestoßen zu werden. Deswegen ziehe er alle Register (auch bereits im Hinblick auf die Wahl im kommenden Jahr), die Mehrheit hinter sich zu versammeln, selbst um den Preis eines neuen Krieges.

Für den Dialog mit den türkischen Kurden sei das Vorgehen Ankaras gegen die Kurden in Syrien fatal: „Das ist desaströs und wird bei dieser Volksgrupp­e ein neues Trauma auslösen. Eine friedlich Lösung mit Ankara wird noch viel, viel schwierige­r.“

Die EU, so Asli Erdoğan weiter, könnte sehr wohl mehr Druck auf den „Sultan vom Bosporus“ausüben, „wenn sie nur wollte, sie ist größer und stärker als die Türkei“. Wenn die Union nicht vehementer auf die eigenen Grundwerte wie Presse- und Meinungsfr­eiheit sowie Minderheit­enschutz dränge, würde das langfristi­g auf sie selbst zurückfall­en.

Bis zum Abschluss ihres Prozesses in der Türkei wird die Autorin in Deutschlan­d bleiben und bei einer etwaigen lebenslang­en Haftstrafe um politische­s Asyl ansuchen: „Die Vorwürfe gegen mich sind falsch, ja kaf kaesk. Deswegen soll ich in einer Zelle sterben?“

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