Muslimische Jugend bekämpft Antisemitismus in eigenen Reihen
Islam. Jugendorganisation will innermuslimische Auseinandersetzung mit der Problematik. Auch IGGÖ reagiert.
Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) startet eine Initiative zur Bekämpfung des Antisemitismus. Mittels Workshops, einer Studienreise zum ehemaligen KZ Auschwitz, Vorträgen, Museumsbesuchen sowie Begegnungen mit Zeitzeugen will die Organisation, die bundesweit rund 30.000 Jugendliche, „junge Muslime sensibilisieren, antisemitische Entwicklungen zu erkennen und entschieden dagegen aufzutreten“.
Die geplanten Maßnahmen seien freilich bloß „ein kleiner Schritt“, heißt es bei der MJÖ. Zudem wolle man sich nicht „darauf hinausreden, dass nur ein kleiner Teil des Antisemitismus in unserem Land auf Muslime zurückzuführen ist (2016 waren es neun Prozent von 500 registrier
ten Fällen; Anm.)“, betont Bundesvorsitzende Canan Yasar. Denn jeder einzelne Fall sei einer zu viel.
Lobende Worte findet Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) für die Initiative der MJÖ. Diese sei „außergewöhnlich“. Würden „Rechte wie Linke“Antisemitismus in den eigenen Reihen sonst doch eher verleugnen und auf andere schieben.
Neue Studie kommt
Repräsentative Zahlen zum Thema fehlen in Österreich bis dato allerdings. Während Studien aus Deutschland unter 14- bis 19-jährigen Muslimen eine gesteigerte Anfälligkeit für Antisemitismus belegen würden, gibt es in Österreich nur Momentaufnahmen.
So beleuchteten etwa die Soziologen Kenan Güngür und Caroline Nik Nafs 2016 die Weltanschauung von rund 400 Halbwüchsigen in Wiener Jugendzentren. Im Zuge der Untersuchung stellten sie auch antisemitische und homophobe Haltungen fest. „Da wurde aber eine Untergruppe untersucht“, so Peham – „also Jugendliche in Jugendzentren und Parks, die zu früh aus dem Regelschulbetrieb ausgeschlossen und sozial benachteiligt waren“.
In absehbarer Zeit wird es aber auch in Österreich repräsentatives Zahlenmaterial zum Thema geben. Denn Güngör führt im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) zurzeit eine Studie zum Thema „Gruppen-bezogene Abwertungen“in ausgewählten muslimischen Gruppierungen durch. Konkret unter Jugendlichen türkischer, kurdischer, bosnischer, tschetschenischer, afghanischer und syrischer Abstammung. Mit Ergebnissen sei nach den Sommerferien zu rechnen.
Imam-Rabbi-Konferenz
Zum Kampf gegen Antisemitismus bekennt man sich auch bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) – unter anderem im Rahmen der Imam-Deklaration im vorigen Sommer. Zudem ist in Kooperation mit dem Rabbinat der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) erstmals eine Imam-RabbinerKonferenz geplant.
Davon abgesehen bemüht sich etwa die „Initiative Muslimischer Österreicher“um den muslimisch-jüdischen Dialog. Gemeinsam mit dem Online-Magazin Jüdische gründete man die interreligiöse Plattform „Dibur/Sochba“
Für Aufsehen sorgte auch die gemeinsame Reise von Imam Ramazan Demir und Rabbiner Schlomo Hofmeister nach Jerusalem, die die beiden in einem Buch verarbeiteten.