Gut gemeinter Wohlfühl-Film
Wunder. Julia Roberts in einem harmoniesüchtigen Wohlfühl-Melodram
Julia Roberts als hingebungsvolle Mutter eines entstellten Kindes im Melodram „Wunder“.
An den Schuhen erkennt man die Menschen, an den guten Absichten mittelmäßige Filme.
Auggie ist ein amerikanischer Zehnjähriger, dessen Gesicht – genetisch bedingt – entstellt ist. Deswegen blickt er meist zu Boden. Damit kann er sich das Gaffen seiner Mitschüler ersparen und stattdessen ihre Fußbekleidung studieren.
Bis vor Kurzem noch wurde Auggie von seiner Mutter zu Hause unterrichtet, doch diese Schonfrist ist vorbei. Jetzt heißt es: Hinaus ins Leben und sich in der neuen Highschool den Mitschülern und ihrem Mobbing stellen.
Auch Auggies TeenagerSchwester Via hat ihre Probleme: Sie leidet darunter, dass ihre Eltern rund um die Uhr mit dem kleinen Bruder und dessen Problemen beschäftigt sind. Wo sie doch selbst leidet, da sie von ihrer besten Freundin Miranda fallen gelassen wurde.
Harmoniesüchtig ringt das „Wunder“-Melodram rechtschaffen darum, seine Menschenfreundlichkeit möglichst gleichmäßig zu verteilen. In kleinen Kapitelüberschriften wie „Auggie“, „Via“oder „Miranda“werden die Perspektiven verschiedener Beteiligter eingeholt, um unser Einfühlungsvermögen für deren Verhalten noch umfassender zu ermöglichen.
Sehr sympathisch, eigentlich, und doch von einer oberflächlichen Gefälligkeit, die an Anbiederung grenzt. Und natürlich macht die „Ich bin o. k. – Du bist o. k.“-Attitüde genau vor jenem Buben halt, der Auggie am meisten mobbt: Er bekommt keine eigene Kapitelüberschrift gewidmet, nur eine kleine Nebenszene, die ihn mit seinen fiesen Eltern zeigt. Kein Wunder, dass das Kind so ist. Aber sorget euch nicht, auch ihm wird vergeben werden.
Welpenblick
Am meisten Wohlfühl-Feeling aber strahlen Auggies Eltern ab. Wie zwei Hochöfen verströmen sie ihre Menschenwärme, bis man regelrecht ins Schwitzen gerät: Julia Roberts lächelt permanent sensibel, Owen Wilson liefert dazu den treuherzigen Blick eines Welpen. Sie beiden spielen ein beneidenswert fantastisches Papa-Ma- ma-Gespann: Immer cool, nie ungeduldig oder schlecht gelaunt, und auch noch als Liebespaar völlig intakt. Ständig zeigen sie sich nur von ihrer besten Seite, so als würden sie andauernd für ein Familienfoto vor der Kamera posieren.
Bei so viel Unterstützung kann letztlich auch Auggie nicht scheitern – trotz emotionaler Rückschläge. Außerdem entpuppt er sich als toller Schüler und kann sein ungefälliges Äußeres (übrigens nicht annähernd so radikal wie beispielsweise Eric Stoltz in Peter Bogdanovichs „Die Maske“) mit Genialität ausgleichen. So viel Außenseitertum wird schließlich mit Freundschaften belohnt.
Der Kitsch-Strom der guten Absichten fließt, doch die Buben spielen hinreißend, die Teenager süß – und Julia Roberts ist immer einen Kinobesuch wert. Willkommen beim Love-Fest.