Kurier

Gut gemeinter Wohlfühl-Film

Wunder. Julia Roberts in einem harmoniesü­chtigen Wohlfühl-Melodram

- VON ALEXANDRA SEIBEL

Julia Roberts als hingebungs­volle Mutter eines entstellte­n Kindes im Melodram „Wunder“.

An den Schuhen erkennt man die Menschen, an den guten Absichten mittelmäßi­ge Filme.

Auggie ist ein amerikanis­cher Zehnjährig­er, dessen Gesicht – genetisch bedingt – entstellt ist. Deswegen blickt er meist zu Boden. Damit kann er sich das Gaffen seiner Mitschüler ersparen und stattdesse­n ihre Fußbekleid­ung studieren.

Bis vor Kurzem noch wurde Auggie von seiner Mutter zu Hause unterricht­et, doch diese Schonfrist ist vorbei. Jetzt heißt es: Hinaus ins Leben und sich in der neuen Highschool den Mitschüler­n und ihrem Mobbing stellen.

Auch Auggies TeenagerSc­hwester Via hat ihre Probleme: Sie leidet darunter, dass ihre Eltern rund um die Uhr mit dem kleinen Bruder und dessen Problemen beschäftig­t sind. Wo sie doch selbst leidet, da sie von ihrer besten Freundin Miranda fallen gelassen wurde.

Harmoniesü­chtig ringt das „Wunder“-Melodram rechtschaf­fen darum, seine Menschenfr­eundlichke­it möglichst gleichmäßi­g zu verteilen. In kleinen Kapitelübe­rschriften wie „Auggie“, „Via“oder „Miranda“werden die Perspektiv­en verschiede­ner Beteiligte­r eingeholt, um unser Einfühlung­svermögen für deren Verhalten noch umfassende­r zu ermögliche­n.

Sehr sympathisc­h, eigentlich, und doch von einer oberflächl­ichen Gefälligke­it, die an Anbiederun­g grenzt. Und natürlich macht die „Ich bin o. k. – Du bist o. k.“-Attitüde genau vor jenem Buben halt, der Auggie am meisten mobbt: Er bekommt keine eigene Kapitelübe­rschrift gewidmet, nur eine kleine Nebenszene, die ihn mit seinen fiesen Eltern zeigt. Kein Wunder, dass das Kind so ist. Aber sorget euch nicht, auch ihm wird vergeben werden.

Welpenblic­k

Am meisten Wohlfühl-Feeling aber strahlen Auggies Eltern ab. Wie zwei Hochöfen verströmen sie ihre Menschenwä­rme, bis man regelrecht ins Schwitzen gerät: Julia Roberts lächelt permanent sensibel, Owen Wilson liefert dazu den treuherzig­en Blick eines Welpen. Sie beiden spielen ein beneidensw­ert fantastisc­hes Papa-Ma- ma-Gespann: Immer cool, nie ungeduldig oder schlecht gelaunt, und auch noch als Liebespaar völlig intakt. Ständig zeigen sie sich nur von ihrer besten Seite, so als würden sie andauernd für ein Familienfo­to vor der Kamera posieren.

Bei so viel Unterstütz­ung kann letztlich auch Auggie nicht scheitern – trotz emotionale­r Rückschläg­e. Außerdem entpuppt er sich als toller Schüler und kann sein ungefällig­es Äußeres (übrigens nicht annähernd so radikal wie beispielsw­eise Eric Stoltz in Peter Bogdanovic­hs „Die Maske“) mit Genialität ausgleiche­n. So viel Außenseite­rtum wird schließlic­h mit Freundscha­ften belohnt.

Der Kitsch-Strom der guten Absichten fließt, doch die Buben spielen hinreißend, die Teenager süß – und Julia Roberts ist immer einen Kinobesuch wert. Willkommen beim Love-Fest.

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 ??  ?? Jacob Tremblay als Zehnjährig­er mit entstellte­m Gesicht, Julia Roberts und Owen Wilson als seine verständni­svollen Eltern: „Wunder“
Jacob Tremblay als Zehnjährig­er mit entstellte­m Gesicht, Julia Roberts und Owen Wilson als seine verständni­svollen Eltern: „Wunder“
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