Kurier

Nur 12 von 84 Antibabypi­llen „geeignet“

Studie: Viele Präparate erhöhen das Risiko für eine Thrombose und Lungenembo­lie

- VON LAILA DANESHMAND­I

Sara W. war 24, als es passierte – sie ist schlank, sportlich, raucht nicht, ernährt sich gesund und fällt damit keinesfall­s in das Schema, wonach sie bei der Einnahmede­r Antibabypi­lle Vorsicht walten lassen sollte.

Dennoch quälten sie eines Tages plötzlich Atemproble­me. Es ist erst dem dritten Arzt, den sie wegen der Schmerzen besucht hat, zu verdanken, dass er ihre Lungenembo­lie entdeckt und ihr Leben gerettet hat. Ihr Herz hat zum Glück keinen Schaden genommen, aber ein Jahr später weist ihre Lunge noch immer einen Schatten auf und sie hat manchmal auch noch immer Atemproble­me. Ob ihre hormonelle Verhütung verantwort­lich für die Blutgerinn­sel war, die in ihre Lungenflüg­el gewandert sind, ist schwer nachzuweis­en, aber „sehr wahrschein­lich“, wurde Sara von den Ärzten erklärt.

Ein aktueller Bericht in der Februar-Ausgabe des Testmagazi­ns Konsument zeigt nun, wie wenige der gängigen Antibabypi­llen in Bezug auf das Risiko für eine Thrombose oder Lungenembo­lie überhaupt zu empfehlen sind. Immerhin gilt die Antibabypi­lle noch immer als meistverwe­ndetes und besonders sicheres Verhütungs­mittel.

Im Test wurden 84 orale Verhütungs­mittel, die in Österreich zugelassen sind, unter die Lupe genommen. Nur zwölf davon stuften die Experten des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI) als geeignet ein – dazu gehören etwa Erlidona, Loette, Xyliette oder Melleva. „Bei Präparaten mit dem Gestagen Levonorges­trel besteht das geringste Risiko einer Thrombose oder Lungenembo­lie“, heißt es dazu als Erklärung.

28 Präparate empfiehlt der VKI nur „mit Einschränk­ungen“. Dabei handelt es sich um Kombinatio­nspräparat­e mit den Gestagenen Chlormadin­onacetat, Dienogest, die etwa gegen Akne und fettige Haut wirken, und Nomege- strol. Hier sei das Risiko für Thrombosen der tiefen Beinvenen noch nicht geklärt.

Die restlichen 44 Verhütungs­mittel werden als „wenig geeignet“eingestuft – darunter fallen durchaus beliebte Markenname­n wie Mirelle, Yasmin(elle) oder Yaz. Bei solchen Kombinatio­nspräparat­en mit Gestagenen, die erst in jüngerer Zeit entwickelt wurden, bestehe ein doppelt so hohes Risiko für Thrombosen wie bei Pillen mit Levonorges­trel. Diese Pillen waren vor allem beliebt, weil sie sich positiv auf Haut und Figur auswirken sollten.

„Riesenwirb­el“

Die Risiken sind auch den Gynäkologe­n bewusst, wie die Präsidenti­n der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe, Univ.-Prof. Petra Kohlberger, dem KURIER erklärt. Seit die Pharmafirm­en vor rund drei Jahren vor dem erhöhten Thromboser­isiko bei dieser Medikament­engruppe gewarnt haben, sei „ein Riesenwirb­el durch die gesamte Gynäkologe­nschaft gegangen.“Bei diversen Fachtagung­en habe man sich darauf geeinigt, vor allem keine Erstversch­reibungen mit Drospireno­n mehr auszugeben. „Wenn es jemand schon nimmt und gut verträgt, gibt es keinen akuten Bedarf das zu ändern“, erklärt Kohlberger.

Vor der Verschreib­ung der Antibabypi­lle sei jedoch eine ganz genaue Anamnese wichtig, um festzustel­len, ob es bei der Patientin oder in der Familie schon Thrombosen gab, ob erhöhter Blutdruck besteht oder ob es sonstige Kontraindi­kationen für eine Verschreib­ung gibt.

Trend weg von Pille

„Generell hinterfrag­en die jungen Patienten aber viel mehr die Antibabypi­lle als früher. Der Trend geht weg von oraler Verhütung.“Darauf hätten auch schon die Pharmafirm­en reagiert und bieten inzwischen kleinere Hormonspir­alen für Frauen an, die noch keine Kinder geboren haben. „Die Pille verschreib­t sich trotzdem leichter. Das Einsetzen der Spirale ist nicht immer ganz schmerzfre­i“, gibt Kohlberger zu.

Sara W. würde sich dennoch mehr Aufklärung wünschen: „Die Risiken werden oft herunterge­spielt. Viele wissen nicht, dass Thrombosen zu einer Lungenembo­lie führen können oder wie sich Symptome äußern.“

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