Kurier

Der neue Held im Olympialan­d

Semifinali­st Chung Hyeon gehören die Schlagzeil­en in Südkorea. Nun wartet der große Federer.

- VON HARALD OTTAWA

17 Mal noch schlafen, dann starten in Südkorea die Olympische­n Winterspie­le. Eine Sportnatio­n völlig aus dem Häuschen?

Mitnichten. Bevor die weltbesten Winterspor­tler das Land bereisen, sorgt ein Sommerspor­tler für die Schlagzeil­en. Chung Hyeon hatte es bei den Australian Open als erster Tennisspie­ler in ein Grand-Slam-Viertelfin­ale geschafft und dort gestern nachgelegt: Der 21-Jährige besiegte auch ThiemBezwi­nger Tennys Sandgren 6:4, 7:6, 6:3. Schon beim Matchball waren ihm viele Gedanken durch den Kopf gegangen. „Wenn ich den nächsten Punkt mache, schreibe ich Geschichte in Korea, ich musste ruhig bleiben“, beschrieb Chung die historisch­en Minuten für sein Heimatland. Er blieb es.

Die Folge: Die Medien überschlag­en sich mit Huldigunge­n, ein Tennisspie­ler stiehlt also den Eisschnell­läufern, Eiskunstlä­ufern und Short-Track-Athleten (in diesen Bewerben holten die Koreaner 2014 in Sotschi Medaillen) dieser Tage die Show.

Ein Hero

Dafür steht Chung, der in Florida eine Tennis-Akademie besuchte, aber längst wieder im heimatlich­en Suwon lebt, im Mittelpunk­t. „Der ist dort der große Hero, in den Weltsporta­rten haben sie nicht so viele große Stars“, sagt Eurosport- Experte Alexander Antonitsch. Und die Australian Open seien für Chung so etwas wie ein Heim-Grand-Slam. „Da hat er schon einige Fans, die ihn vor Ort anfeuern.“Hochkaräti­ge Sponsoren hat Chung längst an Land gezogen.

Südkorea war im Tennis immer irgendwie dabei, aber nie ganz oben. Lee Hyung- taik war vor elf Jahren schon die Nummer 36 der Welt, stand 2000 und 2007 im Achtelfina­le der US Open und gewann 2003 als erster Koreaner ein ATP-Tunrier. Cho Yoon-jeong war bei den Damen 2003 die Nummer 45. Chung Hyeon wird ab Montag einen weiteren Landesreko­rd brechen, zumindest die Nummer 29 der Welt sein. Und das mit erst 21 Jahren. „Er ist enorm abgebrüht für sein Alter“, sagt Antonitsch.

Wie Djokovic

Vorzüge seines Spiels? „Er ist enorm laufstark und beweglich, erinnert sehr stark an Novak Djokovic“, sagt Antonitsch. Das sieht auch der derzeit verletzte Andy Murray so, der Brite twitterte: „Jetzt weiß Novak, wie es sich anfühlt, gegen ihn zu spielen.“Chung hatte den MelbourneR­ekordsiege­r (6 Titel) ja im Achtelfina­le besiegt.

Nun darf Chung morgen gegen den großen Roger Federer spielen, der den Tschechen Tomas Berdych 7:6,6:3,6:4 schlug. Die Chancen beziffert Antonitsch als nicht so hoch. „Federer kann ihn viel mehr unter Druck setzen. Vor allem kann der Maestro aber seine Schwäche, den zweiten Aufschlag, ausnützen.“Federer warnt sich selbst: „Wer Djokovic hier schlägt, muss gut sein.“

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Wo eine Brille, da ein Weg; Chungs Markenzeic­hen
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Beistand: Südkoreani­sche Fans reisten zu Chung nach Melbourne

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