Kurier

Warum Strache auf Burschensc­haft statt Buberlpart­ie setzt

Fragwürdig­e Verbindung­en. Für Minister-Kabinette rekrutiert die FPÖ-Regierung vor allem bei schlagende­n Schüler- und Studentenv­erbindunge­n

- – C.BÖHMER, J.HAGER

„Burschensc­haften haben nichts mit der FPÖ zu tun“, sagt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Das ist, bei aller Zurückhalt­ung, eine kaum haltbare Behauptung. Vizekanzle­r Strache ( Vandalia Wien) sowie vier seiner fünf Stellvertr­eter als FPÖ-Chef gehören einer Burschensc­haft an (OÖ FP-Chef Manfred Haimbuchne­r: Corps Alemannia Wien zu Linz, Justizspre­cher Harald Stefan: Olympia Wien, Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer: Marko Germania zu Pinkafeld, geschäftsf­ührender FPÖ-Kubobmann Johann Gudenus: Aldania und Vandalia Wien).

Auch die Dritte Nationalra­tspräsiden­tin Anneliese Kitzmüller ( Iduna Linz) ist deutsch-national orientiert.

Per 18. Dezember haben im freiheitli­chen Lager zahlreiche Burschensc­hafter Karriere-Sprünge in zentrale Funktionen geschafft: So sind etwa die Kabinettsc­hefs von Strache und Innenminis­ter Herbert Kickl – Roland Weinert und Reinhard Teufel – Mitglieder der schlagende­n Innsbrucke­r Brixia und Suevia. Michael Klug, Kabinettsc­hef von Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek, soll Mitglied einer schlagende­n Verbindung in Graz sein.

Und nicht nur die BüroChefs, sondern selbst die einfachen Mitarbeite­r folgen ideologisc­h einer deutsch-nationalen bis völkischen Ausrich- tung. Ein kleiner Auszug: ExPräsiden­tschaftska­ndidat Norbert Hofer vertraut mit Herwig Götschober ( Bruna Sudetia) , Arndt Praxmarer ( Suevia Innsbruck), Irmgard Fischer ( Nike Wien) und Roland Esterer ( Saxonia Wien, Frankonia-Brünn Salzburg) in seinem Büro ausgesucht­em Personal; Sektionsch­ef Andreas Reichhardt ( Cimbria Wien) wurde der Aufstieg zum Generalsek­retär in Aussicht gestellt.

Auch Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein hat sich stramm Deutschnat­ionale wie Dominic Keuschnig („persönlich­er Referent“, Tauriska Klagenfurt) und Volker Knestel (Kabinetts

chef, Nibelungen Bregenz) in ihr Büro geholt. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Warum die blaue Regierungs­spitze auf die Expertise der Schlagende­n vertraut, ist schnell erklärt.

„Es geht nicht unbedingt um die generalsta­bsmäßige Übernahme der Ministerie­n durch die völkischen Verbindung­en“, sagt Bernhard Weidinger , Rechtsextr­emismus-Forscher am Dokumenati­onsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­es (DÖW). Die hohe Zahl an schlagende­n Verbindung­smitgliede­rn in führenden Positionen sei einem simpleren Grund geschuldet: „Im Vergleich zu den ,Karrierist­en’, wie sie die ,Buberlpart­ie’ unter Jörg Haider war, bürgen die Mitglieder der Studentenv­erbindunge­n aus Sicht der Freiheitli­chen für eine höhere Verlässlic­hkeit. Sie sind ideologisc­h einordenba­r und gefestigt.“

Mit ideologisc­h gefestigt ist man im Kern da, was an den völkischen Verbindung­en im Jahr 2018 irritiert. Denn Wahlsprüch­e wie „Deutsch und treu in Not und Tod“vertragen sich nur bedingt mit österreich­ischem Patriotism­us.

Beispiele? Gibt es – neben dem aktuell diskutiert­en, antisemiti­schen und NS-verherrlic­henden Liederbuch der Germania Wiener Neustadt – zuhauf: Für die Mädelschaf­t Nike ist der 8. Mai 1945 – also der Tag der Befreiung Österreich­s – ein Trauertag; folgericht­ig begeht sie am 19. November den „Heldengede­nktag“– ein Relikt aus der Zeit der NS-Propaganda.

Die schlagende Olympia fand und findet nichts dabei, dass in ihrer Bude HolocaustL­eugner wie David Irving Vorträge halten.

Und 2009 pilgerte – um die Brücke zur Gegenwart zu schlagen – der aktuelle Social-Media-Beauftragt­e des Verkehrsmi­nisteriums zu Ehren des Nazis Walter Nowotny auf den Wiener Zentralfri­edhof. Damals dabei: die Rechtsextr­emisten Wolfgang Lechner und Martin Sellner. Sellner ist bei den rechtsextr­emen Identitäre­n aktiv.

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