Kurier

Orbáns Wahlkampf-Abstecher nach Wien sorgt hier für viel Kritik

Wien/Budapest. Der ungarische Premier besucht heute Österreich. Ein vielseits kritisiert­er Besuch.

- VON STEFAN SCHOCHER

Heute ist es so weit. Viktor Orbán, Ungarns Premiermin­ister, besucht Österreich. Ein Staatsgast, für dessen Empfang die neue Regierung in Wien massive Kritik vonseiten der Opposition erntet. Denn die ortet Österreich in zunehmende­m Maße politisch in einer Linie mit Orbán selbst – autoritär und nationalis­tisch. Als politische­n Augenzeuge­n für Orbáns Politik hatten die Neos Andras Fekete-Györ, Chef der liberalen Opposition­spartei Momentum, nach Wien geladen. Der beschrieb den ungarische­n Premier als „Au- tokraten und ganz schwachen Menschen, der kein Selbstvert­rauen hat.“Als Opposition müsse man derzeit in einem „ ganz, ganz schwierige­n Klima Politik machen.“

Vor allem Orbáns Politik gegen freie Medien und die Zivilgesel­lschaft erntet seitens der Opposition wie auch internatio­nal Kritik. So konnte Orbán in seinen Jahren im Amt (seit 2010) die Medien großteils auf Regierungs­linie bringen. Ebenso verhält es sich mit zivilgesel­lschaftlic­hen Organisati­onen.

Auch in Bildungsfr­agen formiert sich zaghaft Widerstand.Erst am Sonntag hatten in Budapest Tausende Lehrer, Schüler und Studenten gegen eine „Militarisi­erung“der Schulen protestier­t – mit Blick auf Pläne zu einer militärisc­hen Grundausbi­ldung an Schulen.

Wien schwenke, so die Kritik, mehr und mehr auf die Linie der Visegrád-Staa- ten – jenem Bund von Staaten (Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn), die gegen Migration und gegen eine Vertiefung der EU auftreten. Orbán hält derzeit den Vorsitz in dieser Gruppe.

Stimmt nicht, heißt es aus dem Büro von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zu dem Vorwurf, man sei auf Visegrád-Linie. Als Brückenbau­er wolle man fungieren und als solcher ein Signal nach Osten senden. Heikle demokratie­politische Punkte wolle man im Rahmen von EU-Themen ansprechen, Man müsse Gespräche suchen. Der ungarische Politologe Zoltan Kiszelly jedoch ortet im Empfang für Orbán auch Wahlkampf-Hilfe. In Ungarn finden im April Parlaments­wahlen statt.

Die Liste an Themen zwischen Wien und Budapest ist dabei ebenso lange wie kontrovers­iell. Allen voran die von die Bundesregi­erung geplan- te Anpassung der Familienbe­ihilfe für Kinder im EUAusland an die Lebenshalt­ungs-Kosten im jeweiligen Land sorgt in Budapest für Unmut. Ungarn ist von der Maßnahme am meisten betroffen. In Wien wiederum stoßen die Pläne Ungarns über einen Ausbau des AKW Paks sauer auf.

Migration

Überwiegen­d Einigkeit besteht beim Thema Migration. In Ungarn – wie allen Visegrád-Staaten – wird eine Zuteilung von Migranten nach Quote abgelehnt. Wien hat dafür Verständni­s.

Seine EU-Kritik hatte Orbán kürzlich erneut betont. Bei einem Treffen der Visegrád-Gruppe sagte er in Hinblick auf die Integratio­nspolitik Brüssels: „Wir brauchen kein Imperium, sondern einen Bund freier Nationen.“Und weiter: „Unsere Länder wollen keine Einwanderu­ngsländer werden.“

 ??  ?? Politologe­n meinen, dass der heutige Besuch Orbans in Wien bei Kanzler Kurz dem ungarische­n Premier in dessen Wahlkampf nutzen könnte
Politologe­n meinen, dass der heutige Besuch Orbans in Wien bei Kanzler Kurz dem ungarische­n Premier in dessen Wahlkampf nutzen könnte

Newspapers in German

Newspapers from Austria