Kurier

Jessica – vom missbrauch­ten Straßenkin­d zur Spitalslei­terin

Internatio­naler Tag der Straßenkin­der. Mit österreich­ischer Hilfe eröffnet eine engagierte Nonne Burschen und Mädchen neues Lebenspers­pektiven

- – WALTER FRIEDL

Als Teenager stand das Leben von Jessica an der Kippe. Zu Hause regelmäßig missbrauch­t, ging auch in der Schule bald nichts mehr. Schließlic­h nahm sie Reißaus, schmiss die Ausbildung, landete auf der Straße – und der Weg schien vorgezeich­net: Drogen, Prostituti­on, ein frühes Ende. Doch dann fand die damals 14-Jährige durch Zufall den Weg in die Salesianer­Einrichtun­g „Fundacion Don Bosco“in der ecuadorian­ischen Stadt Ambato, die sich um Straßenkin­der kümmert. Jessica holte den Schulabsch­luss nach, schaffte es sogar an die Uni. Heute leitet sie nach einem Wirtschaft­sstudium das San-Lorenzo-Spital.

Die Nonne Narciza Pazmino, die die Fundacion leitet, ist stolz auf „ihr Mädchen“, wie sie bei einem Wien-Besuch dem KURIER sagte. Insgesamt 230 Kinder und Jugendlich­e betreut sie in dem Zentrum, 30 schlafen dort – in Ermangelun­g anderer Möglichkei­ten. Neben psychologi­scher und sozialer Unterstütz­ung durch Fachperson­al gibt es auch Lernhilfe für diejenigen, die sie brauchen.

„Das größte Problem ist das familiäre Umfeld, aus dem die Burschen und Mädchen stammen. Oft kennen sie von zu Hause nur Gewalt, und oft können die Eltern gar nicht lesen und schreiben. Sie schi- cken ihre Kinder schon früh als Schuhputze­r etwa auf die Straße, damit sie Geld verdienen“, sagt Schwester Narciza, deren Projekt von der österreich­ischen entwicklun­gspolitisc­hen NGO „Jugend Eine Welt“(JEW) unterstütz­t wird. Auch als der Staat einmal monatelang nicht die Gehälter zahlte, sprang JEW ein.

Burgenländ­erin half mit

Tamir Alcazar kennt die Situation der Straßenkin­der, derer alljährlic­h am 31. Jänner am internatio­nalen Tag der Straßenkin­der gedacht wird, bestens. „Ich habe wie schon 50 andere Österreich­er zuvor von 2016 bis 2017 ein Volontaria­t in der Fundacion ge- macht. Vor allem die Kluft Arm-Reich ist schon sehr auffällig und schockiere­nd“, sagt die heute 21-Jährige in akzentfrei­em Deutsch.

Sie kam im Alter von sieben Jahren mit ihrer Mutter und dem österreich­ischen Stiefvater, der in dem Andenstaat Entwicklun­gshelfer gewesen war, von Ecuador nach Österreich. Jetzt studiert die Burgenländ­erin transkultu­relle Kommunikat­ion – und überlegt, selbst für länger als Entwicklun­gshelferin in ihre arme Ur-Heimat zu gehen.

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Schwester Narciza mit „ihren“Strtaßenki­ndern – und der österreich­ischen Volontärin Tamir Alcazar
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