Dollar unter Druck: Die Talfahrt der US-Währung hält weiter an
Gastkommentar
Der Dollar hat 2017 das schwächste Jahr seit 2003 erlebt, allein zum Euro hat er rund 14 Prozent verloren. Im neuen Jahr geht die Talfahrt zunächst scheinbar ungebremst weiter, mit dem aktuellen Kurs befindet sich die US-Währung zum Euro auf dem tiefsten Stand seit drei Jahren. Tatsache ist aber auch, dass der Dollar, der noch vor rund zwei Jahren deutlich überbewertet war, sich schon sehr stark an seine „faire Bewertung“angenähert hat. Damit ist die zweite Phase dieser Bewertungskorrektur angebrochen, in der die Dynamik der Bewegung wichtiger ist als die Fundamentaldaten.
Geld abgezogen
Eine Analyse von ähnlichen Fällen aus der Vergangenheit zeigt, dass eine Fehlbewertung von Währungen zunächst aufgrund von Fundamentaldaten (Wirtschaftswachstum, Zinsdifferential) ausgeglichen wird. Selten ist beim errechneten „Gleichgewichtswert“aber Schluss, der Markt neigt wie so oft zu Übertreibungen. Im gegenständlichen Fall könnte die Abwertung im Dollar schön langsam an Fahrt verlieren, tut das aber noch nicht. Ein wesentlicher Grund könnte in der Tatsache liegen, dass US-Investments (z. B. in Aktien) derzeit relativ hoch bewertet sind. Viele Fondsmanager ziehen daher Geld aus den USA ab und investieren lieber in anderen Weltregionen – das aber belastet den Dollar weiter.
US-Konzerne profitieren
Für die Börse spielt der schwächere Dollar natürlich auch eine entscheidende Rolle. Einerseits schmälert er für europäische Anleger das Ergebnis ihrer US-Investments. Da die Aktienmärkte aber ausgezeichnet ins neue Jahr gestartet sind, ist dieser Effekt zwar vorhanden, aber noch nicht wirklich dramatisch. Andererseits unterstützt eine schwache Währung aber die Erträge der großen US-Unternehmen und das könnte sich in den nächsten Monaten schon deutlicher auswirken. Schon die Zahlen, die aktuell für das 4. Quartal 2017 vorgelegt werden, liegen über den Erwartungen, im S&P 500 zeichnet sich ein Gewinnanstieg von mehr als elf Prozent ab. Für die kommenden Quartale könnte der schwache Dollar hier zusätzliches Potenzial für positive Überraschungen bieten.
Nachlassende Dynamik
Bleibt die schwer zu beantwortende Frage, wie lange der Druck auf den Dollar noch so hoch bleiben wird. Wie schon erwähnt, neigt der Markt oft zu Übertreibungen. Außerdem ist wohl die Phase endgültig vorbei, in der die US-Notenbank als quasi einzige weltweit die Geldpolitik gestrafft hat – mittlerweile wird auch in anderen Regionen zumindest über eine Straffung nachgedacht. Somit dürfte unserer Einschätzung nach die Schwäche im Dollar wohl noch anhalten, über kurz oder lang sollte die Dynamik der Bewegung aber nachlassen.
Monika Rosen ist Chefanalystin im Private Banking der UniCredit Bank Austria mit einem verwalteten Kundenvermögen von mehr als 24 Milliarden Euro. Als Börse-Expertin kommentiert sie regelmäßig das Geschehen an den Finanzmärkten in heimischen und internationalen Medien. Sie hat in den USA gelebt und studiert, daher gilt ein besonderer Schwerpunkt ihrer Analysen auch dem Geschehen an der Wall Street. Der Autorin auf Twitter folgen: @Monika_Rosen.