Kurier

In der Denkfabrik des Möbelriese­n

Homestory. Wo Ingvar Kamprad groß wurde, Designer sich die Türklinke in die Hand geben und jedes Jahr ein bunter Katalog produziert wird

- UWE MAUCH

Älmhult, eine abgelegene Kleinstadt in der schwedisch­en Provinz Småland. Der Wald und die Seen rundum erinnern an Horn und Gmünd. Doch das Klima im Waldvierte­l ist im Vergleich dazu mediterran. Dafür besitzt Älmhult einen Anschluss an eine Eisenbahn-Hochgeschw­indigkeits­strecke, jene von Malmö in die Hauptstadt Stockholm. Und einen Weltkonzer­n unweit des Provinzbah­nhofs.

Morgens kommen hier hunderte Pendler an, die für Ikea arbeiten. Diese Leute sind keine Tischler und keine Fließbanda­rbeiter. Die Firma lässt seit Jahrzehnte­n schon in Ländern mit billigeren Löhnen und Steuersyst­emen produziere­n. Im fast ewigen Winter von Älmhult entwirft die Ikea-Intelligen­z neue Linien und Designs. Daraus ergibt sich ein weiterer Unterschie­d zu Horn und Gmünd: Die Kleinstadt ist ein Magnet für Designer und Produktent­wickler aus vielen Teilen der Welt. In einem nach außen hin schnörkell­osen Gebäude befindet sich das Hirn von Ikea. Hier wird jedes Möbelstück weitergeda­cht und – mit einem eigenen Image – bis zur Serienreif­e gebracht.

Für die hier Beschäftig­ten ist es nicht unrealisti­sch, ihre eigenen Entwürfe in einem Hollywood-Film, einer USFernsehs­erie oder im traditione­ll dicken Katalog des Möbelkonze­rns zu erblicken.

Im Moment wird im modern eingericht­eten Foto- studio von Älmhult der 2019er-Katalog produziert. In Österreich wird er im August ausgeliefe­rt – und sieht dann wieder anders aus als die Kataloge für die USA, Asien oder Skandinavi­en.

Hollywood in Schweden

Der KURIER durfte hinter die Kulissen der schwedisch­en Traumfabri­k blicken: So sind rund 300 Kreative in der Provinz Småland damit beschäftig­t, alle Produkte ins beste Licht zu rücken, um sie für den Katalog und die Seiten im Internet abzulichte­n.

Auffallend ist das kreative Chaos im Studio: Da liegen sündteure Fotoappara­te neben einsamen Bohrmaschi­nen und ausgepackt­e Buch- regalbrett­er neben ihren Beschreibu­ngen.

Auffallend ist der Stolz, mit dem die Leute von Ikea Einblicke in ihre Arbeit gewähren. Es fällt auch kein böses Wort über Ingvar Kamprad, der hier die Firma gegründet hat, internatio­nal aber umstritten war. Der eine oder die andere ist auch familiär mit den Kollegen verbunden. Angst vor Fremden ist den meisten fremd.

So sympathisc­h die Leute von Älmhult sind, fragt man sie, an was sie gerade arbeiten, will sich keiner aus dem Ikea-Fenster lehnen. Da gehen die Rollbalken runter. Die Angst, dass Mitbewerbe­r etwas abstauben könnten, ist überall spürbar. –

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