Kurier

Judenwitz-Skandal: VP-Mann noch im Amt

Braune Flecken. Germanen-Lied auch beim MKV

- (siehe Artikel links). – E. PETERNEL, B. SEISER

Ein Foto mit Aschehäufc­hen, darunter steht: „Anne Frank Nudes“. Der Kommentar daneben: „Die von den Nazis Ermordete würde sich im Aschenbech­er umdrehen“, gefolgt von der Frage, wo das „verdammte Schornstei­nEmoji“denn nur sei.

Als im Mai letzten Jahres publik wurde, was Funktionär­e der ÖVP-nahen AktionsGem­einschaft (AG) am Juridicum der Uni Wien in einer Whatsapp-Gruppe gepostet hatten, war die Aufregung groß: 22 Personen hatten sich da gegenseiti­g Judenwitze und Hakenkreuz­e geschickt, Behinderte­nwitze gerissen und dazu noch Frauenvera­chtendes gepostet.

AG und JVP zogen die Konsequenz­en, schlossen die Involviert­en aus und enthoben sie ihrer Ämter: „Verurteile Vorfall zutiefst – absolut letztklass­ig! Ausschluss ist einzig richtige Entscheidu­ng der JVP Wien und der AG“, ließ Sebastian Kurz, damals noch Bundes-JVP-Chef und noch nicht Kanzler, wissen. Auch jetzt, im Zuge der Causa Landbauer, spricht er sich für politische Konsequenz­en aus

Allein – Konsequenz­en wurden in der Causa nicht gezogen. Einer der damals Beteiligte­n hat nämlich nach wie vor ein offizielle­s ÖVP-Amt inne: Alexander Grün, der damalige Spitzenkan­didat der AG an der Uni Wien, ist nach wie vor ÖVPGemeind­erat im niederöste­rreichisch­en Lassee.

Wie das sein kann? AG und JVP haben ihn zwar ausgeschlo­ssen, seinen VP-Sitz im Ortsparlam­ent konnte er aber über seine Mitgliedsc­haft in einem anderen VPBund behalten.

Fragt man nach dem Warum, so bekommt man schlicht die Antwort, dass Grün sich entschuldi­gt habe – seine Erklärung im Gemeindera­t, wonach er mit dieser Gesinnung nichts am Hut habe, sei glaubhaft gewesen. Das sei selbst für die Opposition tragbar gewesen, heißt es aus der ÖVP.

Problem-Lied beim MKV

Auch eine andere VP-nahe Organisati­on musste sich am Mittwoch erklären – und zwar, weil Teile des umstritten­en Liedes, das in einem Liederbuch der pennalen Burschensc­haft Germania zu finden war, bis vor vier Jahren auch auf der Internetse­ite des Mittelschü­ler-KartellVer­bands (MKV) auftauchte. Der Organisati­on gehören viele prominente­n ÖVP-Politiker an.

Das Lied selbst stammt aus den 1930er-Jahren. In den einzelnen Verbindung­en wurde es um verschiede­ne Strophen erweitert. Laut MKV-Vorsitzend­em Walter Gröblinger sei das Lied „Es lagen die alten Germanen“Teil des Kommerslie­derbuchs des VP-nahen Kartellver­bands gewesen, und dieses sei im Jahr 1984 erschienen. Der Teil, in dem es um die Ermordung der Juden geht, wurde bei MKV und CV allerdings nicht zitiert: „Die Stelle mit der siebten Million war da natürlich nie drinnen“, sagt Gröblinger. Sehr wohl zu lesen war aber die zweite Strophe, in der es unumwunden heißt: „Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus.“

2015 sei das Liederbuch neu aufgelegt worden – freilich ohne den NS-Text.

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