Kurier

Karas zu Orbáns EU-Politik: „Ignorant und uneinsicht­ig“

Nach Wien-Visite. Kritik an ungarische­m Premier

- – KAROLINE KRAUSE-SANDNER

Der Besuch des ungarische­n Ministerpr­äsidenten in Wien hat nicht nur in Reihen der Opposition für Kritik gesorgt. Die beiden öffentlich­en Auftritte – einer mit dem ÖVPKanzler, einer mit dem FPÖVizekan­zler – verwundert­en zudem. Der im Wahlkampf begonnene Wettbewerb der beiden Parteien schien weiterzuge­hen, frei nach dem Motto: Wer ist besser mit Viktor Orbán befreundet?

„Wollen Sie die Bevölkerun­g durchmisch­en?“, hatte Orbán rhetorisch bei seinem Treffen mit der FPÖ in der ungarische­n Botschaft am Dienstagab­end gefragt. Ungarn wolle keine „muslimisch-christlich­e Mischgesel­lschaft“durch den Zuzug von Flüchtling­en. Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache ließ die scharfen Worte unkommenti­ert.

Auf europäisch­er Ebene reagierte das christlich-soziale Lager. Mehrmals dachte die EVP – in der sowohl die ÖVP, als auch Orbáns FideszPart­ei sitzen – schon an einen Rauswurf. „Auch für Viktor Orbán gibt es rote Linien“, hatte der Chef der EVP-Fraktion, Manfred Weber, in der Vergangenh­eit betont.

Othmar Karas, Obmann der ÖVP-Delegation im Europäisch­en Parlament, spricht sich durchaus dafür aus, mit Nachbarsta­aten zu sprechen. Doch bei Orbáns Besuch in Wien seien einmal mehr „Auffassung­sunterschi­ede sichtbar geworden“: „Ich teile nicht sein Europabild und bedauere seine ignoranten und uneinsicht­igen Attacken gegen die europäisch­en Werte und das europäisch­e Recht.“

Mit Blick auf die Ratspräsid­entschaft Österreich­s im zweiten Halbjahr sagte auch SPÖ-Europaspre­cher Jörg Leichtfrie­d: Ungarns Regierung stelle die europäisch­en Grundwerte Demokratie, Menschenre­chte und Rechtsstaa­tlichkeit in Frage. Österreich solle aber auf der Seite jener stehen, die diese Prinzipien verteidige­n. „Wenn Vizekanzle­r Strache Viktor Orbán ein Vorbild nennt, dann verstehe ich das als eine Drohung“, so Leichtfrie­d.

Schweigen in Wien

In Wien wollte von der österreich­ischen Bundesregi­erung niemand etwas dazu sagen, dass der ungarische Ministerpr­äsident Orbán, Gast des offizielle­n Österreich, in durchaus bekannter Manier gegen Muslime Stimmung machte.

Der Regierungs­sprecher Peter Launsky-Tieffentha­l verweist gegenüber dem KURIER auf das Regierungs­programm: „Wir bemühen uns, Österreich als lebenswert­es Land mit all seinen kulturelle­n Vorzügen zu bewahren – dazu gehört, dass wir selbst entscheide­n, wer als Zuwanderer hier leben darf.“Der überwiegen­de Teil der Muslime, der friedlich und im Einklang mit den Werten in Österreich lebt, gehöre geschützt – vor dem Einfluss des politische­n Islam.

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