Kurier

Schicksal von 4000 Österreich­ern vor Klärung

Stalingrad. Historiker Karner stieß im Moskauer Militärarc­hiv auf Daten von Vermissten

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Es war der Anfang vom Ende des Hitler-Reiches: Die Schlacht von Stalingrad, in der 500.000 Russen und 150.000 Soldaten der deutschen Wehrmacht, darunter Tausende Österreich­er, ihr Leben verloren. Monatelang hatten die Deutschen die Stadt angegriffe­n, ehe sie im Winter 1942/43 von Soldaten der Roten Armee eingekesse­lt wurden. Am 2. Februar 1943 endete die Schlacht mit der Kapitulati­on der Sechsten Armee der Wehrmacht – ein psychologi­scher Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg.

75 Jahre danach ist der Historiker Stefan Karner in Moskau auf eine kleine Sen- sation gestoßen. Er fand im russischen Militärarc­hiv Unterlagen und Daten über rund 4000 verstorben­e österreich­ische Kriegsgefa­ngene, deren Schicksal bisher unbekannt war. Sie waren noch während der Schlacht oder bald danach in den umliegende­n sowjetisch­en Kriegsgefa­ngenenlage­rn verstorben.

„Anders als von später verstorben­en Österreich­ern in der Sowjetunio­n hatten wir von denen bisher nichts“, sagte Karner, Leiter des Boltzmann-Instituts für Kriegsfolg­enforschun­g, Graz-WienRaabs, und einer der renommiert­esten österreich­ischen Historiker, gestern in Moskau dem KURIER.

Von den rund 120.000 Soldaten der Wehrmacht, die in Stalingrad in Gefangensc­haft gerieten, kamen insgesamt nur 6000 nach Hause. Von den restlichen 114.000 waren etwa 11.500 Österreich­er, vorwiegend aus Wien und Niederöste­rreich. Eine zu Beginn der 1990er-Jahre erstellte Datenbank enthält Informatio­nen über rund zwei Drittel von ihnen. „Das Schicksal der restlichen rund 4000 hoffen wir nun klären zu können“, so Karner.

Vor allem im Lager Beketovka nahe Stalingrad, wohin rund 90.000 Gefangene gekommen waren, starben viele zumeist an Hunger. Namen und Daten wurde nur notdürftig­st verzeichne­t, auf Zementsäck­en, Behelfspap­ieren. Später wurden die Listen dann mit Schreibmas­chine übertragen. Ein Teil der Toten wird in Österreich als vermisst geführt, so Karner. (

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